Graz - Beim Grazer Herberstein-Prozess sind am Donnerstag die letzten Zeugen gehört worden. Das Verfahren dreht sich um angeblich missbräuchlich verwendete Förderungen und Abgabenhinterziehung. Als wichtigster Zeuge wurde am 26. Verhandlungstag der ehemalige Präsident der Finanzlandesdirektion Steiermark, Wolfgang Pfungen, gehört. Er war dabei, als der Entschluss zur Selbstanzeige von Andrea Herberstein bei der Finanz gefasst wurde.

Bereits in den vergangenen Tage stand immer wieder die Frage im Mittelpunkt, was der ehemalige Finanzchef bei einer Besprechung zwischen seinen früheren Mitarbeitern und den Steuerberatern von Andrea Herberstein zu tun gehabt hatte. Übereinstimmend hatten alle Befragten erklärt, Wolfgang Pfungen sei ein "Vertrauter der Familie" gewesen.

"Für mich nicht von Relevanz"

"Was haben Sie von wem über die Probleme (mit Schwarzzahlungen, Anm.) von Andrea Herberstein erfahren?", fragte Richterin Elisabeth Juschitz. "Ich habe erst ein bis zwei Tage vor der Anzeige erfahren, dass es Probleme gibt. Ich hätte sie sonst schon früher kerzengerade zum Finanzamt wegen einer Selbstanzeige geschickt", meinte der Zeuge. Es habe damals einen Zeitungsartikel gegeben - "der für mich aber nicht von Relevanz war" - in dem davon die Rede war, dass bereits Staatsanwaltschaft und Finanz ermitteln würden.

Bei der Besprechung mit den Finanzvertretern sei er jedenfalls "nur daneben gesessen", nachdem er gefragt hatte, ob keiner der Anwesenden etwas dagegen habe. "Was sollen die schon sagen, wenn ihr ehemaliger Chef dasitzt?", meinte die Richterin. Der eine oder andere hatte offenbar sehr wohl etwas dagegen, es kam nämlich zu einer Beschwerde beim Ministerium. "War es nicht so, dass sie ihre früheren Mitarbeiter beeinflussen wollten, ihnen nun zeigen, woher bei dieser Geschichte der Wind weh?", mutmaßte die Richterin. Nein, keinesfalls, so Pfungen, außerdem würde er niemals intervenieren.

Dazu erzählte die Richterin die Anekdote, dass der Zeuge seinen Gerichtstermin verschieben wollte, was sie aber aus Zeitgründen abgelehnt habe. Daraufhin habe Pfungen sofort den Gerichtspräsidenten angerufen, "damit er auf mich einwirkt, den Termin zu verschieben. Ich bin jetzt seit zehn Jahren in diesem Haus, und auf diese Idee ist noch kein Zeuge gekommen", meinte die Richterin.

Der Prozess wird am Dienstag kommender Woche (8. 7.) um 9.00 Uhr fortgesetzt. Nach letzten Befragungen der Beschuldigten und den Verlesungen soll noch am Vormittag mit den Schlussplädoyers begonnen werden. Das Urteil soll am 9. Juli ergehen. (APA)