Eines kann man der Polizei und den Anklagebehörden im vieldiskutierten Tierschützer-Fall wahrlich nicht vorwerfen: dass sie, wie aus anderen spektakulären Kriminalaffären bekannt, mit allzu vielen Details an die Öffentlichkeit gegangen sind. Vielmehr wurde bisher geschwiegen, und zwar ganz offiziell, weil Auskünfte "laufende Ermittlungen gefährden" könnten, wie es der Sprecher der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt Journalisten entgegenhielt.

Nun mag eine solchen Schweigestrategie in Fällen, in denen gegen kriminelle Gruppen mit vielen Beteiligten vorgegangen wird, eine gewisse Berechtigung haben: Immerhin könnten, vom Standpunkt der Ermittler her betrachtet, nach außen dringende Informationen die Verabredungschancen der Verdächtigen erhöhen. Doch die Sache hat auch einen Haken: Mit der Zeit - und wenn sich die Verdachtsmomente nicht einsehbar verdichten - kommt gerade unter Interessierten und Aufgeklärten, also in der sogenannten Zivilgesellschaft, Misstrauen auf. Warum, bitte sehr, sollten sie der Polizei und der Justiz auch blindlings vertrauen?

Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass die Inhaftierten Teil dieser Zivilgesellschaft sind: Mitglieder von NGOs, die sich noch dazu für ein von vielen befürwortetes Anliegen, den Schutz von Tieren, einsetzen: Dass Angehörige anderer NGOs auf die Idee kommen, ihnen könnte bald Ähnliches blühen, wundert nicht. Zumal der Anklageparagraf 278a StGB tatsächlich breit anwendbar erscheint: solange die Behörden nicht ausspucken, was die jeweiligen Verdächtigen so besonders verdächtig macht. (Irene Brickner/DER STANDARD - Printausgabe, 3. Juli 2008)