Punk als Lebensart: Lech Kowalskis "D.O.A." zeigt den Höhepunkt der Punkhysterie – und auch schon ihr absehbares Ende.

Foto: Filmarchiv
"Better than homework, better than a lot of stuff" – besser als Hausaufgaben, besser als viele andere Dinge: So lautet eine der prägnanten Antworten auf die Frage, was denn dieser Punk überhaupt soll. Wenn man sieht, mit welcher Euphorie auf der einen und mit welcher Ablehnung auf der anderen Seite die Sex Pistols auf ihrer ersten (und letzten) USA-Tournee begrüßt wurden, dann erledigt sich die Frage aber eigentlich von selbst.

Nur der Dokumentarfilm ist zu dem imstande, was Lech Kowalskis ultimativer Film über den Punk, "D.O.A. – A Right of Passage", gelingt: einen bestimmten Moment einzufangen, in dem sich eine (gegen-)kulturelle Sensibilität wie zum Kristall verhärtet. Höhepunkt und Absturz einer Bewegung liegen hier unfassbar nah beieinander. Kowalski, Underground-Filmemacher mit polnischen Wurzeln, begleitet die Tournee von 1978 und filmt in bester Direct-Cinema-Tradition die Schräglagen, in die geordnete Verhältnisse rund um die Konzerte geraten. Höhepunkt: Sid und Nancy im Hotelbett mit bleischweren Augenlidern: "Sorry, what question ..."

D.O.A. ist im Rahmen eines kleinen Specials zum Punk im Film – ein Satellit zur Ausstellung in der Kunsthalle Wien – bei "Kino wie noch nie" im Augarten zu sehen. Zwei Arbeiten von Julien Temple, The Great Rock ’n’ Roll Swindle (1979) und die konventionellere Doku "The Filth and the Fury" (2000) umrahmen das Programm, während Derek Jarmans selten gezeigte "Fantasy-Doku" "Jubilee", die den Punk in Gestalt einer Girl-Gang in eine düstere Zukunft befördert, einen Kontrapunkt bildet.

"Kino wie noch nie" bietet darüber hinaus ein vom Filmarchiv Austria und der Viennale zusammengestelltes Potpourri aus neueren Autorenfilmen und historischen Arbeiten. Auch gedacht als filmkulturelle Trotzaktion – das von beiden Institutionen angedachte Filmkulturzentrum im Augarten scheiterte an politischer Indifferenz – zeigt man ein sonniges Best-of: Kino wie nie wieder.

Hervorhebenswert sind neben einem Mini-Tribute an den heimischen Kriminalfilm (darunter der Kottan-Ableger "Den Tüchtigen gehört die Welt" oder Michael Kehlmanns Provinzstudie "Kurzer Prozess" mit Helmut Qualtinger) eine Reihe von Previews: "Married Life", ein auf Festivals gefeierter Film noir von US-Regisseur Ira Sachs, in dem Chris Cooper unbedingt seine Frau loswerden will, sei hier ebenso empfohlen wie Francis Ford Coppolas Youth Without Youth, ein faustisches Wissenschafterdrama nach einem Buch des Rumänen Mircea Eliade, der erste (und hauptsächlich aus Eigenmittel finanzierte) Film des Regieveterans in acht Jahren. (Dominik Kamalzadeh, SPEZIAL/DER STANDARD/Printausgabe, 03.07.2008)