Nach dem Nein des polnischen Präsidenten Lech Kaczynski kündigte die französische EU-Ratspräsidentschaft umgehend an, Gespräche mit der polnischen Führung aufnehmen zu wollen, um sie von ihrer Ratifikations-Weigerung abzubringen. Dabei bemühten sich die französischen Diplomaten, die Äußerung Kaczynski zu relativieren. "Es handelt sich vonseiten Polens nicht um eine Ratifizierungsweigerung" , sagte Eric Chevallier, Sprecher des französischen Außenministeriums am Dienstag. "Der polnische Präsident hat nur gesagt, dass er gegenwärtig seine Unterschrift aufschieben möchte. Er hat nicht gesagt, ich unterzeichne nie."

Trotzdem verbleibt der Eindruck, dass der französische EU-Vorsitz unter unguten Vorzeichen beginnt. "Erster Rückschlag für Sarkozy" , titelten denn auch die Pariser Medien gestern. Bisher hatte der Tenor der französischen Zeitungen gelautet, der energische Staatschef trete an, um das Lissabon-Abkommen zu "retten" . Jetzt muss Sarkozy schon froh sein, wenn er während seines sechsmonatigen Vorsitzes Kurs halten kann.

Seine Berater befürchten nicht zu Unrecht, dass die in Irland, Tschechien und Polen zum Ausdruck kommende Skepsis auf die Franzosen übergreifen könnte. Sarkozy versuchte am Montagabend in einem langen Fernsehauftritt, Stimmung für den Lissabon-Vertrag, den französischen Europa-Vorsitz und generell die EU zu machen. (Stefan Brändle aus Paris/DER STANDARD, Printausgabe, 2.7.2008)