Dabei wurde Jerofejew schon seit Monaten an der Erfüllung seiner Aufgabe behindert. Der in Paris geborene Diplomatensohn, der 2002 die Leitung der neu geschaffenen Abteilung für zeitgenössische Kunst übernahm, wollte das "sowjetisch offiziöse Museum" mit seiner "nonkonformistischen Kunstauffassung" modernisieren. Beim Publikum waren die Ausstellungen Jerofejews äußerst beliebt. Doch anstatt eines Ordens brachte ihm dieser Erneuerungsversuch eine Anklage wegen Volksverhetzung ein.
Stein des Anstoßes war die Ausstellung "Verbotene Kunst 2006", die Jerofejew im März 2007 im Moskauer Sacharow-Zentrum organisierte. Jerofejew stellte 24 Kunstwerke aus, die in den Jahren 2005 und 2006 der Zensur durch seine Vorgesetzten zum Opfer fielen. Im gleichen Kulturzentrum zerstörten 2003 religiöse Fanatiker und Rechtsradikale die Ausstellung "Achtung Religion". Danach wurden allerdings nicht die Randalierer belangt, sondern die Veranstalter zu einer Geldbuße verurteilt.
Kunst als Peep-Show
Doch der Kurator, der vom Kunstmagazin Artchronika zur einflussreichsten Person in der russischen modernen Kunst gewählt wurde, ließ sich nicht abschrecken. Die Werke, die etwa ein McDonald's-Plakat mit Jesus-Gesicht, küssende Polizisten im Birkenwald und eine tschetschenische Marilyn Monroe mit Sprengstoffgürtel zeigten, wurden dennoch ausgestellt. Wenn auch als Sicherheitsmaßnahme hinter weißen Schutzwänden versteckt. Nur durch ein kleines Loch konnten die Besucher die Gemälde betrachten.
Trotzdem fühlten sich ultraorthodoxe und nationale Gruppierungen angegriffen und erstatteten Anzeige gegen Jerofejew und Juri Samodurow, den Leiter des Moskauer Sacharow-Museums. Die Moskauer Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten "Erniedrigung der Menschenwürde" vor. Die Exponate würden das Weltbild der Betrachter verändern und zu traumatischen Eindrücken führen, so die Anklage. Das Verfahren soll in den nächsten Wochen beginnen.