Wien/Istanbul - Der österreichische Verbund kauft gemeinsam mit der Sabanci Holding den türkischen Stromversorger Bedas, der rund 2,9 Millionen Menschen in der Region um die Hauptstadt Ankara mit 10 TWh Strom pro Jahr versorgt.

Das Verbund-Konsortium erhielt am Dienstag bei einer Versteigerung den Zuschlag für einen Kaufpreis von 1,23 Mrd. Dollar (780 Mio. Euro). Davon entfallen auf den Verbund und Sabanci jeweils 49 Prozent, der Rest auf das gemeinsame Joint Venture Enerjisa, wie der Verbund erklärte.

Zweite Versteigerung am Nachmittag

Bereits am Nachmittag soll in einer zweiten Versteigerung der Stromversorger der Region Sakarya im Nordwesten des Landes unter den Hammer kommen. Das teilte die Raiffeisen Investment AG mit, die die türkische Privatisierungsbehörde bei der Privatisierung von insgesamt 18 türkischen regionalen Stromnetzen berät. Auch für diesen Stromversorger ("Sedas") hat der Verbund, wie berichtet, am 10. Juni gemeinsam mit Sabanci ein verbindliches Angebot abgegeben.

Um die beiden staatlichen Stromversorger Sedas (Sakarya Elektrik Dagitim AS) und Bedas (Baskent Elektrik Dagitim AS) bewarben sich u.a. auch der mehrheitlich staatliche tschechische Energieriese CEZ und die türkische Dogan Holding, die gemeinsam mit der OMV die Tankstellen-Kette Petrol Ofisi betreibt.

Sedas beliefert in der Provinz Sakarya etwa 1,3 Millionen Kunden mit knapp 8 TWh Strom pro Jahr. Das Unternehmen erwirtschaftet mit rund 340 Mitarbeitern und einen Jahresumsatz von 350 Mio. Euro.

Raiffeisen Investment rechnet damit, dass die beiden nächsten Stromnetz-Auktionen im Frühherbst (September oder Oktober) über die Bühne gehen werden. Die weiteren Auktionen sind nicht vor 2009 zu erwarten.

Kraftwerke auf der Einkaufsliste

"Das ist einer der wichtigsten Schritte zur Schaffung eines freien Strommarktes in der Türkei", sagte Enerjisa-Vorstandschef Selahattin Hakman der Nachrichtenagentur Bloomberg. "Das ist notwendig, um die Versorgungsprobleme zu bewältigen, mit denen wir konfrontiert sind." Der Stromverbrauch in der Türkei steigt jährlich um 8,5 Prozent.

Die Türkei verkauft nun Stromnetze und Kraftwerke, um die Kapazitäten durch verstärkte Investitionen zu erhöhen. Außerdem braucht die Türkei dringend ausländisches Kapital um das Zahlungsbilanz-Defizit auszugleichen, das heuer auf 50 Mrd. Dollar steigen könnte.

Enerjisa - ein Joint Venture von Verbund und Sabanci - will bei weiteren Auktionen auch Kraftwerke ersteigern, mit dem Ziel, bis 2010 einen Anteil von 10 Prozent am türkischen Strommarkt zu besitzen. Bis 2015 wolle man 6,5 Mrd. Dollar (4,12 Mrd. Euro) in die Stromerzeugung investieren, erklärte Enerjisa-Chef Hakman. Darüber hinaus sei geplant, den Stromverlust von derzeit 9 Prozent des Umsatzes deutlich zu senken.

Teurer Strompreis

Der Strompreis in der Türkei ist heute um 22 Prozent angehoben worden. Das ist die zweite Preiserhöhung in fast sechs Jahren. Der Preis von Gas, mit dem die Hälfte der türkischen Kraftwerke betrieben wird, hat sich im gleichen Zeitraum verfünffacht.

Die Türkei hat dem Internationalen Währungsfonds (IWF) zugesagt, den Anteil des Staates an der Stromerzeugung - derzeit 80 Prozent - zu reduzieren. Insgesamt sollen auch 20 Stromversorger verkauft werden. (APA)