ien - Nach dem radikalen Schwenk der SPÖ-Spitze in der EU-Referendumsfrage gibt es beim Koalitionspartner ÖVP den ersten Ruf nach Neuwahlen. "Sofort Neuwahlen" sei die einzige Antwort auf das Vorgehen von Kanzler Alfred Gusenbauer und SPÖ-Chef Werner Faymann, sagte der frühere Parteichef und Ex-Vizekanzler Erhard Busek der Tageszeitung "Die Presse". Gusenbauer und Faymann hatten dem Koalitionspartner und der Öffentlichkeit über die "Kronen Zeitung" ausgerichtet, dass sie neuerdings für Volksabstimmungen über EU-Verträge seien.

Gusenbauer und Faymann seien "reif für einen Rücktritt", kritisierte Busek. Ihr Brief an die "Krone", die sich seit Monaten für eine Volksabstimmung über den EU-Reformvertrag einsetzt, sei eine "bedingungslose Übergabe der Politik an ein spezielles Medium", so Busek. "Der nächste Schritt ist ein Verfassungsgesetz, dass die Regierung das zu machen hat, was in einem Medium (gemeint die Kronen Zeitung, Anm.) täglich festgelegt wird."

Abstimmung über Verbleib bei EU

"Meine dringende Empfehlung: Neuwahlen", betonte Busek. Er warnte seine eigene Partei davor, die jetzige Krise aussitzen und einem Wahlkampf mit dem unpopulären EU-Thema ausweichen zu wollen. Je länger Neuwahlen hinausgeschoben werden, "umso eher heißt der Sieger (FPÖ-Chef Heinz-Christian) Strache", gab der ehemalige Vizekanzler zu bedenken. Zugleich forderte er eine Volksabstimmung über den Verbleib Österreichs bei der EU, "damit eine Klärung stattfindet" und nicht immer der Anschein erweckt werde, eine Mehrheit der Österreich wolle gar nicht mehr in der Union verbleiben.

Auch EU-Kommissarin Viviane Reding übte im ORF-Interview Kritik an dem Schwenk der SPÖ. Die Politiker sollten "etwas Mut beweisen" und sich zur EU bekennen. "Dann sollte man auch die richtige Frage stellen und die würde lauten: Will Österreich in der europäischen Familie sein oder nicht? Ich glaube, die Antwort darauf ist relativ einfach: Ja", äußerte auch Reding eine Präferenz für eine Volksabstimmung über den Austritt oder den Verbleib Österreichs bei der EU anstelle eines EU-Vertragsreferendums. (APA)