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Werner Faymann, SP-Chef

Foto: APA/Hochmuth
In einem Brief an den Herausgeber der Kronen Zeitung schwenkt SPÖ-Chef Werner Faymann auf die Linie derselben ein. Warum er vor den EU-Gegnern trotzdem nicht in die Knie gegangen sein will, erklärt er Gerald John.

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STANDARD: Warum will die SPÖ plötzlich eine Volksabstimmung über EU-Verträge?

Faymann: Weil wir das Vertrauen in die EU, das so stark gesunken ist, zurückgewinnen wollen. Wird in Zukunft ein neuer EU-Vertrag vorgelegt, werden wir deshalb eine Volksabstimmung verlangen. Das gilt auch für einen EU-Beitritt der Türkei. Damit künftige Regierungen von Anfang an um eine Mehrheit werben müssen.

STANDARD: Warum haben Sie das bisher nicht getan?

Faymann: Ich bin erst seit zwei Wochen designierter SPÖ-Chef...

STANDARD: ...aber schon länger in der Regierung.

Faymann: Und dort ist es uns nicht gelungen, Kritiker zu überzeugen. Man kann nicht nur Inserate schalten, diese Kampagnen haben nichts gebracht. Es wurde der Eindruck erweckt, dass in der EU alles bestens sei – doch davon ist keine Rede. Politiker dürfen sich nicht aller Sorgen entledigen, indem sie das Volk nie fragen. Wir wollen der Arroganz eine Absage erteilen.

STANDARD: Ist ein Brief an den Herausgeber der EU-feindlichen „Kronen Zeitung“ dafür angemessen?

Faymann: Das sind Formalfragen. Entscheidend ist der Inhalt.

STANDARD: Es wirkt wie ein Kniefall.

Faymann: Ich bin vor den Bürgern in die Knie gegangen, das empfinde ich nicht als verwerflich. Unsere Haltung zur EU hat sich nicht geändert. Wir wollen nur zeigen, dass wir die Ängste ernst nehmen. STANDARD: Die ÖVP könnte nun die Koalition kündigen.

Faymann: Die ÖVP muss unsere Positionen respektieren, wir haben ja keine Einheitspartei. Wir wollen heute beginnen, unseren Koalitionspartner zu überzeugen. Dazu haben wir lange Zeit. Bis ein neuer Vertrag vorliegt.

STANDARD: Und wenn der Vertrag von Lissabon nach dem Nein der Iren abgeändert wird?

Faymann: Ob dann ein grundlegend neuen Vertrag vorliegt, müssen Juristen klären. Um Beistriche wird es nicht gehen. (DER STANDARD, Printausgabe, 27.6.2008)