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Definition dieses Computerfreaks, des "Nerds" oder auch "Geeks": Leute "so wie Bill Gates"

Foto: APA/dpa/Microsoft

Sich über einen Typus Mensch lustig zu machen, der keine Berührungsangst vor Hard- und Software hat, ja sogar ein Faible dafür, fiel immer schon leicht. "Computerfreak, lebst in deiner Welt. Hackst mit dicken Fingern in die Tastatur. Versklavt vom Arbeitsspeicher, hockst du in deiner Butze, essen tust du nur, um zu überleben", sprechgesang 2003 etwa Heinz Strunk, Mitglied der deutschen Comedy Truppe "Studio Braun".

Ein menschlich recht Guter

Sechs Jahre zuvor hatte Max Goldt in dieselbe Kerbe eingeschlagen, als er in "Ein gutes und ein schlechtes neues Wort für Männer" eine Definition dieses Computerfreaks, des "Nerds" oder auch "Geeks", zu Papier brachte: jener Leute "so wie Bill Gates", mit Brille und/oder ungepflegten Haaren und keinem Modegeschmack, die "sich daheim einem Steckenpferd widmen, keine Freundin haben, darunter aber nicht groß zu leiden scheinen". Und auch wenn der Nerd "wenig Interesse am Erlesenen und Verfeinerten" habe, sei er "im Großen und Ganzen ein menschlich recht Guter".

Etwas liebevoller porträtierte Zeichner Scott Adams den Prototyp des Büro-Nerds: in Form seiner Comicfigur "Dilbert" (dilbert.com), die seit ihrer ersten Veröffentlichung 1993 mittlerweile in rund 2000 Tageszeitungen erscheint. Die Cartoons handeln von einem Angestellten einer großen Hightechfirma, der Technik liebt, von seinem unfähigen Chef gequält wird und einzig Hund Dogbert als Freund hat. Phänotypisch lässt sich Dilbert wie folgt beschreiben: runde Brille, viele Stifte in der Hemdbrusttasche und ein Schlips, der so verknittert ist, dass sich sein Ende nach oben biegt.

Wie werde ich Bill Gates?

All dies beschreibt jedoch nur ansatzweise die Bandbreite dieser speziellen Gattung, dem man mehr Vorurteile anzuhängen pflegt als sich Tasten auf der Tastatur tummeln. Die allgemeingültigste Definition findet Max de Bruijn in seinem wunderbaren Buch "Wie werde ich Bill Gates?": der Nerd als jemand, der sich ganz und gar einer Sache verschreibt - egal welcher Fachrichtung. Ein "Geek" ist demzufolge ein Computer-Nerd, gern auch in Form eines Internet- oder Videogame-Junkies. Doch genauso lassen sich Musik-Nerds (Michael Jackson), Wissenschafts-Nerds (Albert Einstein) oder Politiker-Nerds (John Major) in der Menschheitsgeschichte finden.

Das sich da einer so reinhängt in eine Sache, etwas Nichtemotionales zur Herzensangelegenheit erklärt, hängt wohl damit zusammen, so de Bruijn weiter, dass das Ausschlaggebende eines Nerds seine Intelligenz sei. Nicht von ungefähr wird das englische Slangwort "geek" auch mit "Streber" übersetzt, während es für den Begriff "nerd" mehrere Wurzeln geben soll. Stets wird er aber mit "sozial unfähig" und "hochintelligent" assoziiert. Der Computerfreak als sozialer Außenseiter - dutzende Filme haben den Reiz des Duells Hirn gegen Muskeln oder Hirn gegen den Rest der Welt zum Thema gemacht, Nerd-Filme wie "Tron", "L.I.S.A.", "Zurück in die Zukunft" oder "Johnny Mnemonic". Letzterer alias Keanu Reaves ist dann allerdings schon deutlich aufgewertet, Mnemonic ein echter Cyberheld.

Der Geek in uns

Und überhaupt: Heute, wo Rechner und Internet, Handys und MP3-Player längst Einzug gehalten haben in fast unser aller Leben (allein die Zahl der österreichischen Haushalte mit einem PC stieg von 2002 bis 2007 von 49 auf 71 Prozent), sollten wir uns hin und wieder fragen: Sind wir nicht alle ein bisschen Geek? Die wahren Geeks jedoch werden lächeln, schweigen - und sich neuen, aufregenden Technologien widmen, die wir anderen uns zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht einmal erträumen können. (Mareike Müller/Der Standard/rondo/27/06/2008)