Im Wirtshaus gegenüber des Bahnhofs von Hausleiten gibt es gutbürgerliche Austro-Küche in ganz bemerkenswerter Qualität.

Foto: Wasserbauer
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Ein Dorfbahnhof aus der Kaiserzeit, ein Betonturm von einem Getreidesilo, dahinter die Felder – und ein altes Wirtshaus mit drei Linden vor der Tür: Die Szenerie hat Charme, und zwar den eines Roadmovies. Das Gasthaus steht hier, seit es den Bahnhof gibt, dazwischen wurde freilich immer wieder renoviert. Am auffälligsten in den 1960ern, als die stilvolle Resopalschank und der Linoleumboden hereinkamen. Die Holztäfelung hingegen möchte glauben machen, dass sie schon immer da war.

Franz und Gabi Amstätter haben das Wirtshaus 2001 von seinen Eltern übernommen. Er schupft Service und Weinkeller, der eine Reihe köstlicher Entdeckungen vom nahen Wagram bereithält, sie werkt in der weitläufigen, altmodischen Küche.

Hausmannskost ohne Schnickschnack

Altmodisch ist auch, was auf den Teller kommt: ordentliche Portionen erstklassig gekochter Hausmannskost, ohne Schnickschnack, ohne Fertigprodukte, aus Zutaten, die fast ausschließlich aus der unmittelbaren Gegend stammen. Dazu bietet die Speisekarte "Gabelfrühstück" an – wo, bitte, gibt es das sonst noch? Und zwar Gulasch, geröstete Leber und Budapester Würstel, aber vor allem auch Nierndln mit Hirn. Da wird es endgültig traumhaft, aber wirklich.

Diesen Urmeter der Austro-Innereienküche, als Idee schockierend, in der Ausführung ebenso beiläufig wie genial, trauen sich selbst aufrechte Wirten seit Jahrzehnten kaum mehr anzubieten – weil niemand mehr weiß, wie gut das Zeug schmeckt. In diesem Fall, ganz frisch, nicht anders als hinreißend: von knackigem Biss, mild, in einer schulmäßig abgeschmeckten, molligen Sauce mit ordentlich Zwiebel und Knoblauch. Dass Glück am Teller nach so wenig ausschauen kann!

Auch weniger Mutige werden glücklich

Aber auch weniger Mutige werden glücklich. Mit Krebsenravioli etwa, die zur Abwechslung echt nach Krebsen schmecken und mit köstlich geschmorten Kirschparadeisern kombiniert werden. Oder mit einem Berg kurz gebratener Steinpilze, mit Knoblauch und karamellisierter Zwiebel (aber zum Glück ohne Obers) auf geröstetes Schwarzbrot gehäuft. Mit selbst ausgelöstem, in Schmalz gebackenen Kalbskopf samt leichter, würziger "Sauce Trara". Mit kurz gebratenem Zwiebelrostbraten samt Fächergurkerl.

Und wochenends erst: Dann gibt es Schweinsbraten aus dem alten Schamotte-Steinofen und Brathendl mit fantastischer Semmelfülle. Viel zu viele gute Sachen! Dennoch: Ohne Marillenknödel sollte man nicht gehen. Die flaumig fruchtigen Butterbröselbomben sind hier nämlich echt der Wahnsinn. (Severin Corti/Der Standard/rondo/27/06/2008)