Wenn die Stewards aus Deutschland die Mauer machen, kommt keiner mehr durch.

Christian Fischer
Wien - "Hierher. Tasche auf! Was ist das? Und das? Sonnencreme, sagste? Ej, Alter, das kann jeder sagen. Vergiss es, raus damit! So, Arme hoch. Höher. Passt. Und jetzt weg hier, mach mal hin. Nächster!"

An den Stewards mit den blauen Westen führt kein Weg in die Wiener Fanzone vorbei. Wer reinwill, muss sich penibel filzen lassen. Und die Anweisungen lassen keinen Zweifel, woher der Großteil des Sicherheitspersonals kommt - aus Deutschland. Rund 400 Mitarbeiter haben die beiden privaten Sicherheitsfirmen Sikur aus Österreich und b.i.g. Sicherheit aus Deutschland für die Dauer der EURO kurzfristig auf die Beine gestellt. Manche davon, wie Dieter F. aus Hamburg, sind selbst Betreiber kleiner Security-Unternehmen. Das große Geschäft ist es für den 26-Jährigen aber nicht. Von den 30 Euro, die die UEFA als Stundenlohn zur Verfügung stellt, erhalten die Stewards je nach Rang sieben bis elf Euro.

Frühstück ohne Nachschlag

Mit der Unterkunft im Fancamp im Wiener Prater (jeweils zwei Stockbetten in einer unversperrbaren Koje) haben sich die meisten Gastarbeiter abgefunden. Was die Verpflegung betrifft, fühlen sich aber viele verschaukelt. "Frühstück ohne Nachschlag, sonst gibt's nichts mehr den ganzen Tag", beschwert sich ein junger Steward aus Leipzig, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Denn wer zu laut kritisiert, muss die Heimreise antreten. Auf der Ersatzbank in Deutschland sitzen mehr als genug Jobsucher.

Dass die "Ösis" besonders empfindlich sind, wenn sie von Deutschen kontrolliert werden, könne man nicht sagen, heißt es. Nur am Tag, an dem sich die beiden Nationen auch im Ernst-Happel-Stadion gegenüberstanden, habe es vermehrt Rempeleien bei den Zugängen gegeben. Die Polizei habe man bisher nur in wenigen Fällen rufen müssen.

Ganz anders die Situation bei einem kleinen, unscheinbaren Türchen zur Fanzone am Heldenplatz. Hier finden vor allem auf die VIP-Tribüne eingeladene Besucher den Weg ins Gelände. Stewards gibt es auch hier. "Einen wunderschönen guten Abend, darf ich bitte Ihre Einladung sehen?", fragt der junge Herr mit gepflegtem Äußeren in der blauen Weste. "Oh, vielen herzlichen Dank. Dürfte ich jetzt noch einen kurzen Blick in Ihre Tasche werfen?" Ein kurzes Aufklappen des Deckels genügt. "Vielen Dank. Verzeihung, aber ich muss Sie auch auf verbotene Gegenstände kontrollieren." Ein kurzer, sanfter Klaps auf den linken und rechten Rippenbogen, einer auf die Hosentaschen, einmal an jedem Bein alibimäßig hingegriffen. "Danke. Und entschuldigen Sie bitte die Unannehmlichkeit. Ich wünsche Ihnen einen wunderschönen Abend und ein spannendes Match. Auf Wiedersehen."

Vermeintliche Umleitung

Andere Public-Viewing-Bereiche und das Stadion sind dagegen fest in österreichischer Hand. Die meisten Aufpasser wurden von der Firma Securitas angeheuert. Nennenswerte Zwischenfälle wurde auch hier bisher nicht vermeldet. Nur beim "Swiss Beach" bei der Strandbar Herrmann am Wiener Donaukanal gibt es öfter Beschwerden, weil die vermeintliche Umleitung des Radweges von Privatsheriffs gnadenlos verteidigt wird. (Thomas Rottenberg, Michael Simoner/DER STANDARD Printausgabe, 26. Juni 2008)