Elizabeth T. Spira: "Man soll nicht seine eigenen Vorurteile gegen diese Sendung ständig transportieren, sondern vielleicht einmal zuschauen."

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Im Interview mit Elizabeth T. Spira bekam DER STANDARD Blitze ab.

Montage: Beigelböck
Ungerechter Amor: In der neuen, zwölften Staffel der quotenstarken Menschenporträts "Liebesg’schichten und Heiratssachen" (ab 3. Juli im ORF) fliegen die Herzen, im Interview mit Elizabeth T. Spira bekam Alois Pumhösel Blitze ab.

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STANDARD: Würden Sie mit den „Liebesg’schichten“ selbst auch einen Partner suchen?

Spira: Ich brauch’s nicht. Ich hab einen Partner.

STANDARD: Theoretisch gesprochen?

Spira: Ich würd’s auch nicht machen, weil ich mich nicht selbst interviewen könnte.

STANDARD: Nach welchen Kriterien wählen Sie die Leute aus?

Spira: Wir versuchen, dass wir sowohl von sozialen Milieus her als auch hinsichtlich Weiblein, Männlein, Alter, Stadt, Land eine ziemliche Mischung haben. Es hängt auch davon ab: Bringt’s jemand rüber oder nicht. Wenn wir das Gefühl haben, jemand ist nicht ganz koscher, dann lassen wir die Finger davon.

STANDARD: Trotzdem sieht es ein bisschen so aus, als ob die Leute eher aus einer unteren sozialen Schicht kommen – auch wenn es Ausnahmen gibt.

Spira: Man soll nicht seine eigenen Vorurteile gegen diese Sendung ständig transportieren, sondern vielleicht einmal zuschauen. Der eine ist ein Apotheker, der andere ein Professor, der dritte ein Geschäftsmann – dann gibt’s den Bauern. Von einer Gräfin bis Gott weiß wen haben wir alle möglichen. Und wir haben auch einfache Leute. Man soll nicht über seine eigenen Vorurteile stolpern. Ich fordere auch von Journalisten, dass sie einen ein bisschen kritischeren Blick haben.

STANDARD: Natürlich muss ich kritische Fragen stellen ...

Spira: Ich weiß nicht, wie oft Sie die Sendung gesehen haben. Es stimmt einfach nicht. Wir haben eine ziemliche Mischung. In den letzten Jahren haben wir eher sogenannte bessere Leute. Wir haben uns schon gefragt, wo die einfachen Leute sind.

STANDARD: Für die Vermittlung der Leute würde es vielleicht reichen, wenn sie sich selbst präsentieren in ihrem Umfeld. Was ist der Sinn der Interviews? Des Nachhakens, auf etwas bestimmtes hinauswollen? Dringt man vielleicht zu tief in die Intimsphäre der Menschen?

Spira: Ich verstehe die Frage nicht. Die müssen Sie mir jetzt verdeutlichen. Ich weiß nicht, was sie wollen.

STANDARD: Ich frage, was der Sinn der Interviews ist.

Spira: Wenn ich ein Porträt mache, kann ich ja nicht drüber schreiben. Da brauche ich Bilder und der Mensch sollte auch reden. Wenn ich ein Porträt mache, muss ich ein Interview machen. Aus, schluss, basta. Sonst schreibe ich im STANDARD. Oder singe. Daher verstehe ich die Frage nicht ganz. Ist mir zu theoretisch.

STANDARD: Die Zwischensequenzen mit dem Marzipanschriftzug, dem wippenden Engel, den Kussgeräuschen könnte man als Mittel der Satire werten. Ist es angebracht, hier Satire zu verwenden?

Spira: (seufzt) Wissen Sie was, geben wir’s auf. Ich halte diese Art von Interviews nicht aus.

STANDARD: Man könnte einfach nur den Namen hinschreiben.

Spira: Wie denn, wie denn? Wir sind ja im Fernsehen. Wir können natürlich auch Schwarz-Weiß-Fernsehen machen und einen Namenszug hinschreiben. Oder wir sagen: Stop, halten Sie jetzt eine Tafel mit Ihrem Namen hoch. Uns ist es so eingefallen, und es hat sich bewährt. Der Amor bewegt sich auch verschieden, je nachdem, was sich in der Szene getan hat. Das merken nur nicht alle.

STANDARD: Inwiefern findet sich die österreichische Seele in der Sendung wieder?

Spira: Wir haben bis jetzt circa 500 Menschen porträtiert. Für einen Wissenschafter ist es wahrscheinlich ganz interessant, zu sehen, was deren Träume sind. Über was denkt man nach, was will man haben? Wie schauen Schlafzimmer aus, wie Küchen, was wünscht man sich, was fehlt einem? Die Sammlung von zwölf Staffeln ist für jemanden, der über Österreich arbeiten will, wahrscheinlich ganz interessant.

STANDARD: Würden Sie so weit gehen, einen sozialkritischen Aspekt darin zu sehen? Offenbar leben viele Menschen allein.

Spira: Natürlich ist da auch ein kritischer Aspekt. Wieso sind Menschen so vereinsamt? Wie ist die Beziehung zwischen Männern und Frauen? Wenn ein Mann mit 60 unbedingt eine Putzfrau haben will – dass ich da einen etwas ironischen Blick darauf habe als emanzipierte Frau, wenn wir uns über manche Männerträume lustig machen, werden Sie mir gestatten. Ich denke nicht darüber nach, ob man das Sozialkritik nennt oder sonst irgendwie. Mir macht die Sendung zu großen Spaß, als dass ich mich ständig selbst analysieren würde.

STANDARD: Die „Alltagsgeschichten“ sind mittlerweile weniger oft zu sehen.

Spira: Die „Liebesg’schichten“ sind etwa 450 Minuten, die ich filmen, gestalten muss. Das ist ein Output, den fast niemand im ORF hat. Es gab daneben eine „Alltagsgeschichte“ im Jahr, mehr ging sich nicht aus. Heuer haben wir etwas anderes, ein Porträt für 3sat, gemacht.

STANDARD: Sind momentan neue „Alltagsgeschichten“ geplant.

Spira: Momentan nicht. Momentan sind die „Liebesg’schichten“, dann gehe ich auf Urlaub, dann denke ich weiter. Dann ist es ungefähr November.

STANDARD: Ich hab’ noch eine schöne Abschlussfrage.

Spira: Warum seid ihr denn so feindselig mir gegenüber? Weil das Publikum uns mag? Warum ist DER STANDARD so dermaßen feindselig? Ich frag nur.

STANDARD: Zuerst meine Frage.

Spira: Ja, gut.

STANDARD: Was ist Ihre Definition von Romantik?

Spira: Da fällt mir jetzt nichts ein.

STANDARD: Schade.

Spira: Das Gegenteil vom Interviewt-werden für den STANDARD. Statt Tageszeitungen Bücher zu lesen. Einen angenehmen Partner zu haben. Und weit weg von Fragen von Journalisten zu sein.

STANDARD: Wenn sie lästig sind, sind die Fragen gut.

Spira: Sie sind nicht lästig. Man kann auf diese Fragen nichts antworten. Das ist auch vielleicht der Unterschied zwischen Ihrer Interviewtechnik und meiner. Wenn ich was wissen will, versuche ich den Partner halbwegs zu respektieren und auch respektvolle Fragen zu stellen. Mir ist das wurst, ich stehe über all dem drüber.

STANDARD: Meine Fragen waren nicht respektlos.

Spira: Nein, aber Sie wollen es nicht wirklich wissen. Sie wissen schon alles.

STANDARD: Die Kritikfelder zu der Sendung gibt es schon lange.

Spira: Und einer schreibt vom anderen ab. Wo ich wirklich ärgerlich werde: Wir haben wirklich eine ganz tolle Mischung von Menschen. Das sind nicht irgendwelche Freaks, das ist auch eine Gemeinheit den Leuten gegenüber, die da mitmachen. Wir haben weder Freaks, noch ist das die untere Schicht. Im Gegenteil. Die untere Schicht hat nicht so große Probleme, Partner zu finden als die sogenannten besseren Leute. Wir haben wirklich sozial eher nach oben gerichtete Menschen. Sie müssen das überhaupt nicht schreiben ...

STANDARD: Nein! Genau das will ich ja wissen. Vielleicht kann ich Ihre Kritik an den Journalisten entsprechend einfließen lassen.

Spira: Man kann mich auch durch den Kakao ziehen. Das habe ich als junge Journalistin auch gerne gemacht. So genannte Ikonen, alle mögliche Leute durch den Kakao zu ziehen. Das ist durchaus in Ordnung, stört mich alles nicht. Da habe ich großes Verständnis. Aber man soll zumindest fair sein. Man soll nicht Dinge behaupten, die einfach nicht stimmen. Aber es stört mich nicht. Viel schlimmer ist, wenn man überhaupt nicht zur Kenntnis genommen wird. Was die Leute über mich schreiben, ist mir wurst, Hauptsache der Name ist richtig geschrieben.

STANDARD: Das werde ich zusammenbringen.

Spira: Das hoffe ich. Sonst bin ich böse auf Sie. (Alois Pumhösel, DER STANDARD; Printausgabe, 26.6.2008/Langfassung)