Wien - Nach einem starken ersten Quartal und einer technischen Korrektur im zweiten Quartal 2008 rechnet die Erste Bank für die zweite Jahreshälfte wegen der hohen Rohstoffpreise mit einer gedämpften Konjunkturdynamik. 2009 dürfte dann wieder eine Beschleunigung der Wachstumsraten sehen, aufgrund der hohen Ausgangsbasis bleibe die Jahresperformance mit 1,7 Prozent aber relativ niedrig, sagte Erste Bank-Expertin Veronika Lammer am Dienstag bei einer Pressekonferenz anlässlich des Konjunktur-, Zins- und Währungsausblicks für 2008.

Die Inflationsrate dürfte heuer bei 3,2 Prozent zu liegen kommen, für 2009 wird ein deutlicher Rückgang auf 2,2 Prozent prognostiziert - bei Annahme von stabilen Rohstoffpreisen. Die Geldmarktzinsen sollten sich nach einer Zinserhöhung im Juli leicht zurückbilden, da der Risikoaufschlag schrittweise abgebaut werden sollte. Lammer geht davon aus, dass es bei nur einer EZB-Zinserhöhung bleibt und keine Zinsanhebungsphase bevorsteht.

Korrektur bei Staatsanleihen

Staatsanleihen haben in den vergangenen Wochen eine starke Korrektur erlebt, die kurzfristig in eine Konsolidierung münden sollte. "Die Panik an den Finanzmärkten hat nachgelassen, daher gibt es auch keine Flucht mehr in Renten", so Lammer. Mit einem Anstieg der Renditen auf 4,7 Prozent für 10-jährige deutsche Staatsanleihen wird im dritten Quartal gerechnet, danach gehen die Erste Bank-Experten von einer Seitwärtsbewegung aus.

Die US-Wirtschaft habe sich trotz vieler negativer Einflussfaktoren wie der geplatzten Immobilienblase, der Finanzmarktkrise oder der hohen Energiepreise überraschenderweise auf niedrigem Niveau stabilisiert. Rainer Singer von Research Erste Bank sieht das als Indikator für die Robustheit der US-Wirtschaft. Die Risiken für den Rest des Jahres seien allerdings weiterhin beträchtlich - vor allem die Entwicklung des Ölpreises und ob es anhaltende Auswirkungen der Finanzmarktkrise auf die Kreditvergabe geben werde.

Moderate Erholung der US-Wirtschaft

Die Korrektur am Immobilienmarkt werde zwar noch anhalten, aber zusammen mit einer Stabilisierung der anderen beiden Faktoren, dürfte einer moderaten Erholung der US-Wirtschaft nichts im Weg stehen.

Für die US-Inflation werde zwar der Ölpreis eine entscheidende Determinante sein. Bei einer Beruhigung der Ölpreis-Hausse sowie langsamer wachsenden Wohnkosten spreche aus Sicht des Erste Bank nichts gegen niedrigere Inflationsraten. Damit werde die US-Notenbank nicht an der Zinsschraube drehen müssen, weshalb ein unveränderter Leitzinssatz von 2 Prozent bis weit ins Jahr 2009 erwartet wird.

Damit scheinen längere Laufzeiten am Rentenmarkt mehr gefährdet, sobald die Konjunkturdaten sich etwas verbessern. Letzteres sollte auch zu einer Befestigung des Dollar führen, wenn auch nur in moderatem Ausmaß, da die Zinsdifferenz zu Euroland beträchtlich bleiben werde.

Am Markt für Unternehmensanleihen bleiben laut Expertin Elena Statelov in der zweiten Jahreshälfte die Auswirkungen der Finanzkrise auf die Realwirtschaft und das Inflationsrisiko in Euroland die größten Unbekannten. Die europäischen Firmen seien aber solide und glichen die nachlassende Gewinndynamik mit weniger Investitionen aus. Somit sollte es zu keiner Verschlechterung der Verschuldungssituation kommen. Bis Jahresende geht die Expertin von einer Seitwärtsbewegung der Spreads aus.

Abschwächung in CEE

Das Wirtschaftswachstum der Länder Ost- und Mitteleuropas sollte sich 2008 gegenüber den Vorjahren leicht abschwächen. Zurückzuführen sei dies überwiegend auf zyklische Faktoren, da nach Jahren sehr starken Wachstums die Inflationsrisiken zunehmen. Die Zentralbanken haben bereits mit Zinserhöhungen reagiert, um Inflationssorgen entgegenzuwirken, analysierte Erste-Bank-Experte Rainer Singer am Dienstag bei einer Pressekonferenz.

Die Inflation ist 2008 auch in den CEE-Ländern gestiegen, jedoch handle es sich nicht um eine intern generierte Teuerung. Der Preisdruck komme vielmehr von externen Faktoren, analysierte Singer.

In Summe verfügen die ost- und mitteleuropäischen Länder aber weiterhin über ein "solides Wachstum", wenngleich die Entwicklung in den einzelnen Staaten sehr unterschiedlich verläuft, hieß es.

Unterschiedliche Entwicklung

Dabei weisen Polen, Tschechien und die Slowakei nach wie vor ein starkes, breitgestreutes Wachstum aus. Die wirtschaftliche Erholung Ungarns gehe nach der fiskalen Konsolidierung nur langsam vonstatten. Die Inflation sei weiterhin hoch.

Rumänien dürfte auch heuer wieder ein gutes Wachstum ausweisen, die Hauptherausforderung bleibe aber die Eindämmung des Außenhandelsdefizits. Die Zinsen seien nach wie vor hoch. Risikofaktor bleibe die Währung.

Für Kroatien wird eine Verlangsamung des Wirtschaftswachstums auf ein solides Niveau prognostiziert. Der Inflationsdruck dürfte anhalten. Insgesamt sei das Umfeld aber stabil.

Nach den Wahlen im Mai laufen derzeit noch die Koalitionsverhandlungen in Serbien, deren Ausgang laut Singer entscheidend sein wird für die außenpolitische Ausrichtung des Landes.

Die ukrainische Wirtschaft wird getragen von einer starken in- und ausländischen Nachfrage. Die Erste Bank sieht in der Ukraine aber vorerst die bei weitem höchste Inflation der analysierten Länder, nicht zuletzt deshalb, weil Lebensmittel im VPI-Korb mit 52 Prozent gewichtet sind. (Zum Vergleich: In Österreich beträgt der Anteil der Nahrungsmittel und alkoholfreien Getränke am Warenkorb knapp 13 Prozent.) Für heuer stehe zudem in der Ukraine eine Gaspreisanpassung bevor.

Je nach Risikobereitschaft gebe es gutes Potenzial für Investoren in Polen, Kroatien, Ungarn, Rumänien und der Ukraine, so die Erste Bank-Analysten.(APA)