Wirtschaftsminister Martin Bartenstein will nicht um die Burg "unbundeln". Und diese eigentumsrechtliche Trennung eines Energiekonzerns von seinem Leitungsnetz, die in Brüssel mit diesem schönen Wort beschrieben wird, würde ihn tatsächlich vor ein Problem stellen: Die Republik müsste sich entweder vom Verbund samt seinen Donaukraftwerken trennen oder von dessen Leitungstochter Austrian Power Grid (APG).

Die EU-Kommission verspricht sich davon mehr Wettbewerb und niedrigere Strompreise. Denn Konkurrenten könnten leichter und billiger Zugang zum Netz bekommen, wenn dieses in neutraler Hand sei, meint sie. Nicht ganz unlogisch.

Das Recht, die Donau als Energiequelle zu nutzen, ist in Zeiten steigender Ölpreise unbezahlbar - auch wenn davon nicht die Kunden profitieren, sondern nur die Verbund-Aktionäre. Denn der Verbund verkauft Strom zu Marktpreisen, die sich nach dem Ölpreis richten. Und die Donau ist genauso wenig kopierbar wie das Hochspannungsnetz der AGP.

Dass sich Österreich im Interesse der Allgemeinheit von beiden Unternehmensteilen nicht trennen will, ist durchaus vernünftig. Doch nichts spricht gegen eine strenge organisatorische Trennung: Die AGP als eigenständige Gesellschaft, vielleicht sogar in einem anderen Ministerium (z. B. Infrastruktur) angesiedelt, könnte so wirklich zu mehr Wettbewerb beitragen. Doch auch dagegen wehrt sich Österreich verbissen. Und das ist eher unvernünftig.

Der Grund für diese Politik bleibt im Verborgenen. "Wir haben eine bessere Lösung", sagt Vizekanzler Wilhelm Molterer und verweist darauf, dass eine ausgegliederte AGP kaum die Investitionen für das Netz aufbringen könnte.

Das Gegenteil ist wahr. Gerade ein eigenständiges Unternehmen könnte mit offengelegten Investitionsplänen notwendige Netzgebühren glaubhaft argumentieren. Aber in einem Land, in dem der Wirtschaftsminister im Interesse des Wirtschaftsstandortes an niedrigen Strompreisen interessiert sein müsste, als Verbund-Eigentümer aber immer wieder beruhigt, die aktuellen Strompreise wären schon in Ordnung, ist das eher das kleinere Problem. (Michael Moravec, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 5.6.2008)