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Präsident Dmitri Medwedew ernannte General Nikolai Makarow zum neuen Generalstabschef. In Bildmitte: Verteidigungsminister Anatoli Serdjukow.

Foto: Reuters/RIA Novosti
Moskau/Wien – Der neue russische Präsident Dmitri Medwedew tritt nach einem Monat im Amt erstmals aus dem Schatten seines Vorgängers Wladimir Putin. Medwedew verweigerte seine Zustimmung zum umstrittenen neuen Mediengesetz, das Putin noch kurz vor der offiziellen Amtsübergabe initiierte. "Die Bestimmungen können ein normales Funktionieren der Massenmedien behindern", teilte der Kreml schriftlich mit.

Das Gesetz, das von der Duma bereits durchgewinkt wurde, sah vor, dass Medien wegen Rufschädigung geschlossen werden können. Als Auslöser gelten Berichte über eine Affäre Putins. Russische Tageszeitungen protestierten gegen das Vorhaben mit leeren Titelblättern. Kremlologen rätseln seit der Bekanntgabe, dass Putin nach seinem Abgang als Präsident das Amt des Premiers übernehmen wird, wie die neue Machtstruktur funktionieren soll. Putin hat sich mächtige Beamte in die Regierung geholt und de facto eine Doppelspitze geschaffen. "Die Hauptaufgabe des Machtwechsels war die Wahrung der Balance zwischen den Kräften an der Macht", sagte Alexej Makarkin, Vize-Chef des Moskauer Zentrums für Polittechnologie. Dies sei bisher geglückt. "Die zentrale Figur ist derzeit Putin. Denn er ist der Garant für eine Sicherung dieser Balance", sagte der Experte. Dennoch konnte sich auch Medwedew vereinzelt mit Personalentscheidungen durchsetzen. Makarkin hält es für möglich, dass Medwedews Spielraum mit der Zeit wächst.

Bisher setzt der neue Präsident auf liberale Akzente. Makarkin: "Er hat populäre Initiativen wie den Kampf gegen die Korruption und die Förderung von kleinen Unternehmen gesetzt. Das soll seine Identität betonen und seine Autorität in der Bevölkerung erhöhen". Als jüngste in einer Reihe von Personalentscheidungen ernannte Medwedew General Nikolai Makarow zum neuen Generalstabschef der Streitkräfte. Der Personalrochade war ein monatelanger Streit um Reformen vorangegangen. Der bisherige Generalstabschef Juri Balujewski stellte sich gegen die Pläne von Verteidigungsminister Anatoli Serdjukow, wonach Militärbeamte durch zivile ersetzt und die Hauptkommandantur der Marine nach St. Petersburg verlegt werden solle. Außenpolitisch werden keine Auswirkungen erwartet. Dort gibt noch immer Putin den Ton an. Davon zeugt laut Makarkin nicht nur der jüngste Frankreich-Besuch des Regierungschefs, sondern auch, dass Putin sich mit dem russischen Botschafter in den USA, Juri Uschakow, ein außenpolitisches Schwergewicht in die Regierung geholt hat. (Verena Diethelm/ DER STANDARD Printausgabe, 5.6.2008)