Seit Dienstagabend gibt es im Vorwahl-Match der Demokraten einen Sieger: Barack Obama. Aber anstatt seinen Sieg anzuerkennen und ihrem Konkurrenten zu gratulieren, agiert Hillary Clinton so als hätte sie den Schlusspfiff überhört. Sie lobt in ihrer Rede am Dienstagabend Obamas Wahlkampf, aber kein Wort über ihren Rückzug. Mit Spekulationen über eine mögliche Vizepräsidentschaft, versucht sie ihren Abgang von der politischen Bühne aufzuhalten. So als habe sie begriffen, dass sie einer Präsidentschaft nie näher kommen wird, als dem ersten Platz in der zweiten Reihe.

Obama sollte allerdings Clintons Angebot zur Second Lady so rasch als möglich in den Wind zu schlagen. Zwar ist Clinton im Wahlkampf vielleicht eine Hilfe, um Wählerschichten in der konservativen weißen Mittelklasse zu erreichen. Denn die würden ihr Kreuzerl noch eher bei McCain machen, als bei einem schwarzen Havard Absolventen. Aber so hilfreich Clinton im Wahlkampf sein könnte, so belastend wäre sie während einer Präsidentschaft.

Das Präsidentenamt ist eine One-Man-Show. Der ideale Vize Präsident ist ein stiller Erfüllungsgehilfe ohne eigenes politisches Profil - und möglichst ein für die Öffentlichkeit unbeschriebenes Blatt. Jemand wie James Danforth Quayle, der Vizepräsidenten von George Bush senior zwischen 1989 und 1993, der vermutlich niemandem im Gedächtnis geblieben ist.

Clinton hat eigene politische Positionen, die durch den langen Wahlkampf auch hinlänglich bekannt sind. Sie hat einen Ehemann, der auch mal Präsident war und sich sicher auch hin und wieder zu Wortspenden hinreißen lässt. Kurz: Mit Clinton würde auch Bill ins Weiße Haus einziehen. Das Gewicht der Präsidentschaft würde sich so auf drei Schultern verteilen. Das verhindert, dass Obama sein Profil als Präsident schärfen kann und als alleiniger Entscheidungsträger wahrgenommen wird. (derStandard.at, 4.6.2008)