Auf diese Gesetzeslücke machte die Wiener Restitutionskommission bereits 2007 aufgrund des Falles Herbert M. Gutmann aufmerksam. Der deutsche Bankier hatte seine Sammlung, die in Verzeichnissen als "Sammlung Herbertshof bei Potsdam" erwähnt ist, nach Hitlers Machtergreifung verkaufen müssen: Sie gelangte 1934 in Berlin zur Versteigerung. Das Bild Pappenheims Tod (Hans Makart) ging in Privatbesitz über. 1968 erwarb die Stadt Wien das Gemälde von einem Dänen, der als Provenienz angab: "1934 aus der Sammlung Herbertshof bei Potsdam".
Die Kommission stellte fest, dass sie für diesen Restitutionsfall aufgrund des Gemeinderatsbeschlusses nicht zuständig ist. Sie kam aber, wie im Restitutionsbericht der Stadt zu lesen ist, "zum Schluss, dass der Entziehungstatbestand, wäre er in gleicher Weise nach dem 12. März 1938 in Österreich gesetzt worden, (...) als gegebenen anzusehen wäre." Weiters: "Sollte die Ausfolgung dieses Werkes, das eindeutig als restitutionsfähig angesehen wird, beabsichtigt werden, findet dies auf Zustimmung der Kommission. Überlegt werden sollte, ob nicht zur Erfassung gleichartiger Sachverhalte eine Ausweitung des Gemeinderats-Beschlusses vorzunehmen ist. Der Vorsitzende der Restitutionskommission hat den Wiener Kulturstadtrat von dieser Stellungnahme schriftlich in Kenntnis gesetzt."
Anträge der Grünen
Doch nichts geschah. In der Gemeinderatssitzung vom 8. Mai 2008 brachte Marco Schreuder von den Grünen zwei Anträge ein: Pappenheims Tod, das sich im Wien Museum befindet, solle restituiert und ein neuer Gemeinderatsbeschluss vorbereitet werden, der auch Werke, "die vor 1938 entzogen wurden, berücksichtigt". Der zweite Antrag wurde einstimmig dem Kulturausschuss zugewiesen. Den ersten aber lehnten die Sozialdemokraten als einzige Partei ab. Laut Daniel Löcker vom Kulturamt aus "formalen Gründen". Schreuder vermutet parteipolitische Gründe: Ein Sozialdemokrat habe im Gemeinderat gesagt, dass man nicht die Grünen brauche, wenn man ein Kunstwerk zu restituieren gedenke.