Eine Woche vor Beginn der Fußball-Europameisterschaft hat das Schweizer Volk sich selbst die Peinlichkeit erspart, vor den Augen der Welt als Nation engstirniger Fremdenfeinde dazustehen. Das überraschend klare Nein zum Einbürgerungs-Volksbegehren, das der Willkür Tür und Tor geöffnet hätte, ist einerseits ein Bekenntnis der Schweizer zum demokratischen Rechtsstaat, zu Anstand und Respekt; und es ist andererseits eine schwere Niederlage für die rechtskonservative Volkspartei SVP.

Es ist der Partei nicht gelungen, mehr als ihre eigene Wählerschaft zu mobilisieren. Komplettiert wird die Niederlage durch das Nein zu den beiden anderen nationalen Vorlagen, die sie ebenfalls maßgeblich unterstützt hatte. Mit lautstarker Propaganda hat die SVP zwar die Wahlen im vergangenen Herbst gewonnen und sich als stärkste Partei in der Schweiz etabliert. Doch wenn sie ihre Politik auch im Parlament und im Volk durchbringen will, braucht sie Partner. Die sind mit einem kompromisslosen Kurs nicht zu holen. Das Schweizer Volk hat damit Christoph Blocher und seiner Partei auch die Grenzen ihrer Oppositionskraft aufgezeigt.

Doch die SVP wird ihre harte Linie weiterfahren; das zeigt auch der Ausschluss der Kantonalsektion Graubünden aus der nationalen SVP. Für die anderen Parteien, die seit Herbst in der Defensive sind, könnte der gestrige Sonntag somit die Chance zum Gegenangriff bieten: Die Sieger vom Sonntag – Sozialdemokraten, Grüne, Liberale und Christdemokraten – könnten nun mit einer vernünftigen Konkordanzpolitik punkten und die SVP bis zu den nächsten Wahlen im selbstgewählten Abseits stehenlassen. (DER STANDARD, Printausgabe, 2.6.2008)