Wien war eine leichte Station für Nicolas Sarkozy: nicht wirklich entscheidend im EU-Konzert und gleich solide im Populismus. Seinen kurzen Auftritt in Österreich nutzte der französische Präsident auch noch, um seinem Vorgänger Jacques Chirac einen Tritt zu geben. Der hatte bekanntlich die Sanktionen der EU-Staaten gegen die Schüssel-Haider-Regierung im Jahr 2000 mitbetrieben und Österreich zu einer moderaten Aufmerksamkeit in Frankreich verholfen. Es ist Sarkozys Art, mit der Vergangenheit zu brechen und der Öffentlichkeit zu suggerieren, Politik in Frankreich finde erst seit Mai 2007 statt, seit seinem Einzug als Staatspräsident in den Elysée-Palast.

Doch die wunderliche Formulierung, die man von Sarkozys Stippvisite im Vorfeld der französischen EU-Ratspräsidentschaft im Gedächtnis behalten wird, ist jene vom „Europa, um die Europäer zu schützen“, und vom „Europa, das gemacht ist, um zu schützen“. Natürlich lässt sich die Geschichte der europäischen Einigung mit etwas Mühe auch so lesen: Die Montanunion, die EWG sind in den 50er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts entstanden, um einen neuen Krieg in Europa zu vermeiden – sozusagen, um die Europäer vor sich selbst zu schützen.

Sarkozy – und auch Alfred Gusenbauer – hat anderes im Blick. Die EU ist eine Maschine zur Produktion von Wahlniederlagen geworden. Ein Europa, das seine Bürger aber „schützt“, statt sie zu reglementieren und den Unbilden der Globalisierung und der Einwanderung auszusetzen, wäre eine Strategie, die sich an Wahltagen auszahlen könnte. Ob sie sich mit der Idee eines humanitären Europas verträgt, steht auf einem anderen Blatt. (DER STANDARD, Printausgabe, 31.5./1.6.2008)