Gusenbauer und Sarkozy erklären sich Europa: Der Kanzler sagte schon den nächsten Besuch Sarkozys in Wien voraus – sollte die französische Nationalmannschaft im Finalspiel der EM stehen.
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Sarkozy bei Bundespräsident Fischer.

Foto: REUTERS/Heinz-Peter Bader

Harmonie in Wien. Sarkozy ist für strenge Maßstäbe der Migrationspolitik´, Gusenbauer für ein gemeinsames Vorgehen.

Infografik: Sarkozys Umfragewerte

Der französische Staatschef machte bei seiner Rundreise vor der Übernahme der EU-Ratsvorsitzes kurz in Wien Station und wartete mit einer ungewohnten Formulierung auf: „Europa muss schützen.“

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Wien – Zwei Männer haben den einfachen Europäer gefunden. Den Konsumenten, den man nicht alleinlassen darf angesichts der immer weiter in die Höhe kletternden Preise bei Sprit und Lebensmitteln. Den Bürger, dem man Sicherheit geben muss vor der Welle illegaler Einwanderer aus Afrika. „Europa ist gemacht, um zu schützen“, sagt Nicolas Sarkozy am Freitagnachmittag bei der Pressekonferenz im Bundeskanzleramt in Wien, und Alfred Gusenbauer, der neben ihm steht, nickt immer wieder.

Knapp eine Stunde dauerte das Gespräch des französischen Staatspräsidenten mit dem Kanzler – „Premierminister“ nennt er ihn später stur vor der Presse –, dann deklinierten Sarkozy und Gusenbauer ihre gemeinsamen Ansichten zu Europa durch: Klimaschutz, Transitverkehr, Einwanderung, Maßnahmen gegen die Spekulationen beim Ölpreis. Die Preissteigerungen seien eine eminente Belastung für die Bevölkerung, sagte Gusenbauer, „wir sehen nicht ein, dass hier auch noch Spekulationsgewinne erwirtschaftet werden“. Gusenbauer wie Sarkozy kündigten Beratungen auf europäischer Ebene an, Frankreichs Präsident hatte vor wenigen Tagen eine EU-weite Obergrenze für die Mineralölsteuer vorgeschlagen. „Ich weiß nicht, wohin wir damit kommen, aber den Willen gibt es jetzt.“ Da ist er wieder – Sarkozy, der Beweger, der rastlose „Hyperpräsident“, wie er seit seiner Wahl in Frankreich vor einem Jahr genannt wird.

„Wieder ein Freund“

Mit einer Handbewegung wischte Sarkozy zu Beginn seines Auftritts die Zeit der Sanktionen vom Tisch, die „Missverständnisse“ des Jahres 2000 nach der Bildung der schwarz-blauen Koalition, die „Schwierigkeiten“, über die die EU-Diplomatie doch längst hinweggerollt ist. „Frankreich ist wieder ein Freund Österreichs!“, ruft Sarkozy aus. Der Kanzler jener Zeit taucht ohne Mühe im Lauf der Ausführungen auf. Ob Frankreich Wolfgang Schüssel unterstützen werde als Kandidaten für das neue Amt des EU-Ratspräsidenten, wird Sarkozy gefragt – vorausgesetzt, der Lissabon-Vertrag tritt auch in Kraft. Natürlich gibt der Gast aus Paris keine Antwort, aber die ausweichende Bemerkung fällt doch sehr anerkennend aus: „Er ist eine absolut respektable europäische Persönlichkeit.“

Einen Monat vor der Übernahme der Ratspräsidentschaft der Union machen Sarkozy wie Gusenbauer klar, wie viel an konkreten Ergebnissen sie doch im kommenden Halbjahr erwarten. Nach der langen Phase der Selbstbeschäftigung mit dem Lissabon-Vertrag müsse sich Europa endlich mit den Alltagssorgen der Menschen befassen – „Europa in Herzen und Hirnen verankern“, heißt das im Gusenbauer’schen Jargon. „Exemplaire“, „beispielhaft“ müsse Europa werden, sagt Sarkozy, um seine Bürger zu begeistern.

Neben neuen Abmachungen zum Klimaschutz stellt Sarkozy seinen geplanten Pakt zur Einwanderung ins Zentrum der kommenden EU-Präsidentschaft. Man brauche diesen Pakt, so sagt er, „damit die Europäer begreifen, wozu Europa gut ist“. Es gehe ihm um eine geregelte Einwanderung, verteidigt sich der Präsident, nicht um eine Abschottung Europas.

Für seinen Freund Alfred hat Sarkozy nur lobende Worte. „Seit 13 Monaten finden wir, dass wir gut zusammenarbeiten“, sagt er und erinnert an lange Brüsseler EU-Gipfelnächte: „Ich schulde ihm viele Zigarren.“ (Markus Bernath/ DER STANDARD, Printausgabe, 31.5.2008)