Nun sind es also profitgierige Handelsketten, die durch die Gesundheitsreform auf die Österreicher zukommen. Dieses Bild zeichnet zumindest die Wiener Ärztekammer. Stimmen die Ärzte den Honorarvorstellungen der Krankenkassen nicht zu, werden sie durch von Konzernen betriebene Gruppenpraxen ersetzt. Und darunter leide die Qualität, weil es Konzernen ja nicht um die bestmögliche Versorgung der Patienten gehe, sondern ausschließlich um ihre (möglichst großen) Gewinne.

Ganz schlüssig ist die neue Argumentation freilich nicht. Zum einen wird es Einzelverträge mit Ärzten oder Gruppenpraxen auch in Zukunft nur dann geben, wenn Honorarverhandlungen gescheitert sind. Und zum anderen muss ein nichtärztlicher Betreiber einer Gruppenpraxis nicht zu einem Qualitätsverlust führen. Schließlich gibt es bereits jetzt Privatspitäler, die von Kaufleuten betrieben werden. Und die sind sicher nicht für schlechtes Niveau bekannt. Im Gegenteil: Ins Privatkrankenhaus geht man, weil man sich eine bessere medizinische Versorgung erwartet.

In Wahrheit geht es um etwas anderes: Die Ärzte wollen Gruppenpraxen deshalb selbst betreiben, weil sie dann auch den Gewinn selbst einstecken könnten. Das ist legitim, soll aber auch so ausgesprochen werden. Und dieser Punkt ist nicht der einzige, wo mit fadenscheinigen Argumenten gearbeitet wird. Man sei gegen das "aut idem" (der Arzt verschreibt nur einen Wirkstoff, der Apotheker wählt das günstigste Medikament), weil es schlecht für die Patienten sei, heißt es. Dass zumindest die Ärzte mit Hausapotheken an den Medikamenten verdienen, bleibt unerwähnt. (DER STANDARD, Printausgabe, 21.5.2008)