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Für Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann ist die Sicht auf die Finanzwelt klar: Schuld an der Krise sind immer die anderen.

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Der deutsche Bundespräsident Horst Köhler bezeichnet die Finanzmärkte als "Monster", Jean-Claude Juncker, Chef der Eurogruppe und Luxemburgs Premier, nennt die Abfindungen für geschasste Banker "skandalös". Die feine Geldbranche steht wegen ihrer Rolle bei der Finanzkrise unter öffentlichem Beschuss, der am Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank, Josef Ackermann, freilich abprallt.

Beim "St. Gallen Symposium" in der Schweiz dreht er den Spieß um: "Ein Teil der Schuld muss der öffentliche Sektor auf sich nehmen", meinte der Stargast der Veranstaltung bei seinem Heimspiel. Einerseits habe die mittlerweile ausgelaufene Eigenkapitalrichtlinie für die Branche (Basel I) zur Auslagerung der Risken in Zweckgesellschaften "ermutigt - Regulierung wird immer dazu führen, dass Banken versuchen, diese zu vermeiden". Andererseits hätten die Zentralbanken eine "Liquiditätsflut produziert", die Investoren in immer höhere Renditeerwartungen trieben. Zum Drüberstreuen verurteilte Ackermann auch noch den starken öffentlichen Einfluss in Deutschland, wo vor allem Landesbanken und die indirekt staatlich kontrollierte IKB in Schwierigkeiten gekommen seien. Zudem deutete der Banker an, dass die Politik zu spät eingegriffen habe: "Viele glauben nun, es wäre hilfreich gewesen, wenn die US-Immobilien-Punch-Bowl früher beseitigt worden wäre."

Verteidigung für Rettungsaktion

Neuerlich verteidigte Ackermann, der schon vor Monaten mit seiner Aussage über die mangelnden Selbstreinigungskräfte der Märkte von sich Reden gemacht hatte, die staatlichen Rettungsaktionen für gestrandete Banken.

Der Einsatz von Steuergeldern sei dann gerechtfertigt, wenn das betroffene Institut für die Stabilität des Finanzsystems von Relevanz sei und somit der Wohlstand der Gesellschaft auf dem Spiel stehe. Die Diskussion über privatisierte Gewinne und sozialisierte Verluste könne er nicht nachvollziehen, sagte Ackermann. Allein schon die hohe Besteuerung der Banken zeige, "dass wir davon weit entfernt sind". Und die Rettung des Finanzsystems vor dem Kollaps geschehe nicht, um Banker zu schützen, sondern hohe soziale Verluste zu verhindern. Ethische Fallstricke könnten dabei vermieden werden, wenn die Aktionäre und Manager "ihren Teil der Rechnung bezahlen, und das war beispielsweise bei Bear Stearns und Northern Rock der Fall".

Diskussion über Regulierung

Auch der Debatte über die Managementgehälter konnte der Deutsche-Bank-Chef - Jahresgage 2007: 14 Mio. Euro - nur wenig abgewinnen und verteidigte das System, bei dem der Aufsichtsrat die Vorstandsbezüge festlegt. Zuletzt waren Forderungen aufgetaucht, die Entscheidung über die Vergütungen an die Hauptversammlung zu transferieren.

Erst am Montag hatten überdies - wie berichtet - die Finanzminister der Eurogruppe über eine Regulierung der Managergehälter diskutiert, zu der auch die steuerliche Behandlung der teils enormen Abfindungen zählen könnte. Die deutsche Sozialdemokratie hat bereits einen Vorschlag ausgearbeitet, wonach nur noch Bezüge von bis zu einer Mio. Euro steuerlich als Betriebsausgabe anerkannt werden sollen. Die Finanzminister wollen das Thema auf die Tagesordnung ihres nächsten Treffens im Juni setzen. (Andreas Schnauder aus St. Gallen, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 16.5.2008)