Wels - Anzug, Krawatte, die Schuhe auf Hochglanz poliert. Die Führungsriege des Bundes freier Jugend (BfJ) hatte sich für den unfreiwilligen Auftritt am Landesgericht Wels fein zurechtgemacht. Geladen hatte Richterin Birgit Ahamer, das Anklagemenü servierte Staatsanwalt Franz Haas. Darunter offenbarte sich durchaus schwer Verdauliches.

Die Anklage wirft drei der Beschuldigten vor, im Zeitraum von Oktober 2001 bis Jänner 2003 den BfJ auf Basis von NS-Gedankengut geschaffen zu haben, um "durch dauerhafte Wiederbetätigung und Propaganda die verfassungsmäßige Struktur der Republik Österreich durch eine Volksgemeinschaft nationalsozialistischer Prägung zu ersetzen". Sie hätten sich als Leiter, Stellvertreter und "Propagandachef" führend in der Organisation betätigt. Die beiden anderen Angeklagten seien ebenfalls führend als "Leiter der Einsatzgruppe" beziehungsweise rechtlicher Berater aktiv gewesen, führt Haas aus. Das BfJ-Programm sei "vielfach deckungsgleich mit dem Parteiprogramm der NSDAP". Kaderschulungen, Zeltlager und Kampfsporttraining hätten die Mitglieder "fronttauglich" machen sollen. Gegenstand der Anklage ist auch die Zeitschrift Jugendecho, die in Inhalt und Ausführung eine NS-Wiederbetätigung darstelle.

Die drei Hauptangeklagten sollen zudem maßgeblich an der Organisation des "Tags der Volkstreuen Jugend" beteiligt gewesen sein. 2003 wurde dieser in St. Johann im Pongau von der Exekutive aufgelöst, und drei der jetzt Angeklagten wurden verhaftet. Und auch dort scheint man sich mitunter im Ton vergriffen zu haben. Akustisch-visuelles Zeugnis davon ist ein Video einer Zugfahrt der "getreuen Jugend". Munter wird da vor laufender Kamera "Ein junges Volk steht auf" angestimmt - zu finden auch im Liederbuch der Hitlerjugend.

"Nie gegen den Staat"

Auf der Anklagebank folgen die Beschuldigten derweil sichtlich gelassen den Ausführungen. Mal wird milde gelächelt, mal zweifelnd der Kopf geschüttelt.

Herbert Schaller, aus ähnlich gelagerten Prozessen ebenso bekannter wie umstrittener Strafverteidiger, sieht in seinen Mandanten "anständige junge Leute", denen das "Schicksal ihres Volkes" nicht egal sei. "Die arbeiten bitte ehrenamtlich und opfern ihre Freizeit", führt Schaller aus. Bei dem Verfahren handle es sich um einen "reinen" Politprozess. "Das sind Demokraten, die friedlich Flugblätter verteilt haben; die Politik machen, einen ganz normalen Parteiapparat aufgebaut haben. Sie hätten sich nie gegen den Staat gewendet, nie den Blick in die Vergangenheit gerichtet und sich etwa mit der Judenverfolgung befasst", meinte Schaller. Der Prozess in Wels ist für insgesamt vier Tage anberaumt. (Markus Rohrhofer/DER STANDARD, Printausgabe, 15.5.2008)