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Im September empfing die deutsche Kanzlerin Merkel den Dalai Lama im Kanzleramt. Bei seinem dieswöchigen Deutschland-Besuch hat nur die Entwicklungshilfe-Ministerin Zeit.

Foto: EPA/Markus Schreiber
Wenn der Dalai Lama am Freitag nach Deutschland kommt, hat er zwar einen vollen Terminkalender. Berliner Spitzenpolitiker jedoch mühen sich, dem Oberhaupt der Tibeter aus dem Weg zu gehen.

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Bamberg, Bochum, Berlin. Vier Tage lang ist der Dalai Lama ab Freitag in Deutschland, und es ist nicht so, dass überhaupt kein Politiker den Friedensnobelpreisträger sehen will. Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU), der sich mit dem tibetischen Exil-Oberhaupt seit Jahren eng verbunden fühlt, wird ihn treffen, ebenso sein Amtskollege aus Nordrhein-Westfalen, Jürgen Rüttgers (CDU). Doch je weiter nördlich, Richtung Berliner Bundesregierung, der Dalai Lama reist, desto weniger ausgeprägt ist der Wunsch nach einem Gespräch mit ihm.

Kanzlerin Angela Merkel, die den Dalai Lama schon im Herbst im Kanzleramt empfing, ist gerade in Südamerika und somit dispensiert. Zu Hause in Berlin wäre aber ihr Vizekanzler, Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). Der aber lehnte „aus terminlichen Gründen“ ein vom Dalai Lama erbetenes Treffen ab, was ihm scharfe Kritik vom Koalitionspartner einbrachte.

„Ich hätte mir mehr Courage von Steinmeier erwartet“, ätzt CSU-Chef Erwin Huber. Und Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) meint: „Der Dalai Lama hat sich zu einem China und zur Gewaltfreiheit bekannt. Beides ist lobenswert – auch seitens der Bundesregierung.“ Auch die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) mahnt, Steinmeier dürfe nicht wegschauen und „mit Rücksicht auf Chinas Führung“ ein Gespräch verweigern.

Doch Steinmeier ließ sich nicht erweichen. Im Juni fährt er nach China, und davor will er Peking nicht verärgern. Auf das Treffen Merkels mit dem Dalai Lama im Herbst hatte Peking scharf reagiert und mehrere bilaterale Begegnungen abgesagt, darunter auch ein Treffen der beiden Außenminister. Daraufhin hatte Steinmeier Merkel vorgeworfen, sie stelle politische Show über die strategisch wichtigen Beziehungen zu China. Steinmeier ist jedoch nicht der Einzige, der wegen seiner kalten Schulter für den Dalai Lama in der Kritik steht.

Bundespräsident Horst Köhler der auch ein Treffen aus „Termingründen“ absagte, wird von Grünen-Chefin Claudia Roth für sein „Wegducken“ gescholten. Die vielen Rüffel für Steinmeier haben jedoch etwas bewirkt: Entwicklungshilfe-Ministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) ist nun als einziges Regierungsmitglied bereit, den Dalai Lama zu empfangen – allerdings außerhalb ihres Ministeriums.

China protestiert

Die chinesische Botschaft in Berlin kündigte an, sie werde gegen das Treffen Protest einlegen: "Wir bleiben konsequent", sagte Botschaftsrat Junhui Zhang der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". "Wir sind dagegen, dass ein deutsches Regierungsmitglied den Dalai Lama empfängt und dass Deutschland ihm überhaupt die Einreise erlaubt", sagte Zhang. Der Dalai Lama sei unmöglich nur in seiner Funktion als Religionsführer wahrzunehmen. "Er will Politik machen." (Birgit Baumann aus Berlin/DER STANDARD, Printausgabe, 15.5.2008/Reuters)