Herr Egger stieg mit dem KSV fünfmal auf und sechsmal ab.

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Kapfenberg - Im Franz-Fekete-Stadion ist noch nicht oft Fußballgeschichte geschrieben worden. Diesmal ist das anders. Die Mannschaft des KSV empfängt Austria Lustenau, siegt 3:2, nimmt nach Spielende die Meisterschale der Red-Zac-Liga, sozusagen das Visum für das Oberhaus, in Empfang.

Die Stimmung ist dementsprechend gut. Zwar lässt sich der steirische Landeshauptmann entschuldigen, Franz Voves gratuliert aber via Video und spendiert jedem Stadionbesucher ein Bier. Zudem beweist die Vereinsführung Marketing-Kompetenz und Sinn für Humor. Nachdem sich alle Mitglieder des Betreuerstabs aufgrund einer verlorenen Wette eine Glatze scheren lassen müssen, soll auch der gemeine Fan diese Möglichkeit haben. Am Eingang des Stadions wartet ein Friseur, der kostenlos rasiert. Für alle frischen Kahlköpfe ist der Eintritt frei.

Lange musste der Traditionsverein aus dem Mürztal auf den Aufstieg warten, 41 Jahre lang. Bereits während der 1950er- und 1960er-Jahre kickte Kapfenberg - mit Unterbrechungen - in der höchsten Liga. Karl Egger, Spieler dieser Generation und heute Vorstandsmitglied des KSV, erinnert sich gut. Vieles war damals anders. Fast alle Spieler arbeiteten halbtags im Böhler-Werk und trainierten nachmittags. Verdient habe man so viel, wie "wenn man bei Böhler voll gearbeitet hätte. Der Spielstil war in dieser Zeit schon härter", sagt Egger, der anmerkt, dass es auch innerhalb der Mannschaft dann und wann heiß hergehen konnte: "Wenn es am Trainingsplatz oder in der Kabine Streit gegeben hat, sind schon manchmal die Watschen geflogen."

Qualtingers Erlebnis

Damals war der KSV einer der wenigen Vereine aus der Provinz, der sich anschickte, der Wiener Dominanz im Profikick die Stirn zu bieten. "Die gegnerischen Spieler haben schon gezittert, wenn sie mit dem Mannschaftsbus vom Semmering runtergekommen sind", erzählt Präsident Erwin Fuchs, der an eine ähnliche Heimstärke in der kommenden Saison glaubt. An einen Gegner dieser Tage erinnert ein geflügeltes Wort: "Simmering gegen Kapfenberg - das nenn' ich Brutalität", sagte Helmut Qualtinger, nachdem er dieses Duell im Jahr 1956 mitverfolgt hatte. Die Situation, die Qualtinger inspirierte: Bei einem Zusammenstoß zwischen Simmerings Goalie Engelmaier und KSV-Linksaußen Hauberger brach sich der Steirer ein Bein. "Da hat es einen Kracher gemacht, den hat man am ganzen Platz gehört", erinnert sich Karl Egger, der an diesem Tag nur auf der Bank saß. Die Verletzung von "Haube" Hauberger blieb aber auch für ihn nicht ohne Folgen. "Aufgrund Haubergers Verletzung war es für mich leichter, wieder ein Stammleiberl zu ergattern." Egger, bald 70 Jahre alt, grinst dabei spitzbübisch.

Keine Lachnummer

Dieser Tage hat Egger vor allem mit Coach Werner Gregoritsch seine Freude. "Gregoritsch ist der einzige Trainer in Österreich, der mit dieser Mannschaft Meister werden konnte." Präsident Fuchs beziffert den Anteil Gregoritschs am Meistertitel mit "mehr als 50 Prozent". Trotzdem wird der Präsident seinem Erfolgscoach keine allzu prominenten Verstärkungen kaufen können. Das Budget von drei Millionen Euro für die Kampfmannschaft bietet kaum Spielraum. "Drei starke Legionäre" möchte Fuchs trotzdem holen. Und eines steht für ihn fest: "Wir werden in der neuen Saison sicher nicht die Lachnummer der Liga sein."

An diesem Freitag waren die Tiefschläge der vergangenen Jahre vergessen. In der Saison 2006/07 war man sportlich abgestiegen und blieb nur oben, weil der GAK und die Admira keine Lizenz erhielten. Damals war man der Lachnummer näher als dem Meistertitel. (Gregor I. Stuhlpfarrer, DER STANDARD Printausgabe 13.05.2008)