Alpbach - Der Grüne Bundessprecher Alexander Van der Bellen sieht den Samstagabend beim Bundeskongress in Alpbach angenommenen Leitantrag "Verteilungsgerechtigkeit" weder als neues Parteiprogramm noch als Regierungsvorlage, sondern als "Gesamtkunstwerk". Zur Kinderbetreuung betonte er, diese müsse nicht nur flächendeckend, sondern qualitativ höchstwertig sein. Und Kindergärten, die "mit 200 Euro pro Kind und Monat nicht gerade billig sind, gehören kostenlos" gemacht.

Van der Bellen bekräftigte die Notwendigkeit der in dem Leitantrag angesprochenen Maßnahmen wie eine neue Erbschaftssteuer, eine moderate Vermögenssteuer bei gleichzeitiger Abschaffung der Grundsteuer, die Entlastung von Niedrigverdienern bis 14.000 Euro jährlich durch eine Negativsteuer oder Senkung der Sozialversicherungsbeiträge, eine Senkung des Eingangssteuersatzes, eine capital gains tax und die Einschränkung von Stiftungsbegünstigungen.

"Kleiner Tabubruch"

Als "kleinen Tabubruch" sieht der Chef der Grünen die Abschaffung des begünstigten Steuersatzes für das 13. und 14. Monatsgehalt bei Einkommensteilen ab 126.000 Euro. Er sei "alt genug" zu wissen, dass schon "Dutzende Politiker ihr politisches Ende gefunden haben, weil sie die Privilegien des 13. und 14. Gehalts angegriffen haben. Deswegen setzen wir hier sehr hoch an." Man müsse bedenken, dass auch ÖBB-Generaldirektor Martin Huber mit einem Einkommen von über 500.000 Euro jährlich diese Begünstigung derzeit genieße, "da sollen ÖVP oder SPÖ hergehen und das begründen".

Van der Bellen unterstrich auch die europäische Bedeutung. "SPÖ und ÖVP tun so, als sei Sozialpolitik noch auf nationalstaatlicher Ebene allein lösbar wäre." Er sei überzeugt, dass eine gewisse Harmonisierung der Körperschafts- und Kapitalertragssteuern innerhalb der Union notwendig sei. Das letzte Mal habe Ex-Sozialminister Rudolf Edlinger von der SPÖ dieses Thema 1997 zur Sprache gebracht, weder Karl-Heinz Grasser noch Wilhelm Molterer (beide V) hätten hier etwas getan.

Schnaps-Schulden

Auch bei der Frauenbeteiligung sei die Regierung säumig. "SPÖ und ÖVP sind hier taub. Alfred Gusenbauer schuldet mir immer noch eine Flasche Schnaps, weil ich mit ihm gewettet habe, dass die SPÖ die Quote von 40 - geschweige denn 50 - Prozent weiblicher Abgeordneter wie bei uns Grünen nicht erreichen wird. Das haben sie auch nicht. Na gut, es ist nicht das einzige Versprechen, das er nicht eingehalten hat", sagte Van der Bellen.

Der Grüne Budgetsprecher Bruno Rossmann verwies darauf, dass Vermögen in Österreich sehr einseitig verteilt sei. Er wandte sich gegen den Antrag des Wiener Delegierten Martin Margulies, die Hinaufsetzung des 50-Prozent-Spitzensteuersatzes für Einkommen von 51.000 auf 71.000 Euro jährlich zu streichen. Margulies hatte erklärt, er stehe nicht zur Verfügung, "an reiche ältere Männer Geld umzuverteilen, das für niedrige Einkommensschichten notwendig ist". Dieser Punkt hatte auch zu einer parteiinternen Debatte geführt. Die Wiener Gemeinderätin Waltraud Antonov hatte von einem "verschokoladisierten Zuckerl" für jene gesprochen, die erst ab 71.000 den Spitzensteuersatz zahlen müssen. Rossmann wandte sich dagegen, ein gutes Konzept zu "zerdebattieren". Der Streichungsantrag wurde schließlich mit 96 gegen 120 Stimmen abgelehnt.

Justizsprecher Albert Steinhauser forderte generell mehr Steuergerechtigkeit. Heute zahle ein Arbeitnehmer mit einem Einkommen von 50.000 Euro 40 Prozent Steuern, wer diese Summe als Vermögen habe, zahle nur 25 Prozent Steuern, und wer 50.000 Euro über Aktienspekulationen erwirtschaftet habe, zahle gar keine Steuer. (APA)