"Tut uns leid, wir sind ausgebucht." Wer derzeit in Amstetten und im Umkreis von 30 Kilometern ein Zimmer in einem Hotel oder einer Pension sucht, bekommt nur dies zu hören. Hunderte von Journalisten aus der ganzen Welt - darunter Fernsehteams aus Australien, Japan und Amerika - haben sich gleich für mehrere Wochen in Unterkünften eingemietet. Keine Neuigkeit in dem Aufsehen erregendsten Kriminalfall der Zweiten Republik Österreichs will versäumt werden. Deutsche Tageszeitungen haben gleich 15 bis 20 Redakteure für den Inzestfall nach Niederösterreich geschickt.

Nach mehreren, stundenlangen Pressekonferenzen ist seitens der Ermittler vorerst einmal alles gesagt. Die Wartezeit auf neue Details ist jetzt zum Wettrennen nach aktuellen Fotos von den Opfern geworden. Daran können auch die Bitten der behandelnden Ärzte, den Kindern Ruhe zu gönnen, nichts ändern. Im Klinikum Mostviertel Amstetten, in dem die kranke 19- Jährige behandelt wird, wurden inzwischen alle Seiten- und Nebeneingänge dicht gemacht. Am Mittwoch wurde entschieden, die Türen zu verriegeln. Diese kann nur noch das Personal mittels Zentralschlüssel öffnen, berichtet ein Techniker. Immer wieder seien TV-Teams im Haus "herumgegeistert", um wenigstens Innenaufnahmen von jenem Spital machen zu können, in dem das Mädchen auf der (grundsätzlich abgeschlossenen) Intensivstation mit dem Tode ringt.

Foto- und Drehverbot

Das psychiatrische Landesklinikum Amstetten-Mauer, in dem die anderen Familienmitglieder des mutmaßlichen Täters Josef F. betreut werden, hat mittlerweile ein Foto- und Drehverbot erlassen. Zudem wurde ein privater Sicherheitsdienst beauftragt. Dieser sei notwendig geworden, da es zu einer Handgreiflichkeit zwischen einem Fernsehteam und einem Mitarbeiter der Klinik gekommen war, bestätigte die niederösterreichische Landeskliniken-Holding. Bei dem Versuch, die Journalisten aus dem Spital hinauszukomplimentieren, soll der Mitarbeiter getreten worden sein.

Die Polizei muss auch immer wieder Paparazzi von den Bäumen rund um das Krankenhaus holen. Dem Vernehmen nach soll ein Medium eine Million Dollar für ein aktuelles Opferfoto geboten haben. (Kerstin Scheller/DER STANDARD-Printausgabe, 2.5.2008)