Wien - Zugvögel können mit Hilfe des irdischen Magnetfelds über tausende von Kilometern hinweg exakt navigieren - wie sich die Linien dieses Felds für Vögel darstellen, lässt sich aber nur spekulieren. Nun könnte die Quantenphysik den entscheidenden Hinweis gegeben: Laut Iannis Kominis von der Universität von Kreta in Heraklion liegt der Schlüssel zum Verständnis im sogenannten Quanten-Zeno-Effekt. Vögel könnten demnach Magnetfeldlinien effektiv sehen, berichtet die Wissenschaftszeitschrift "New Scientist" in ihrer jüngsten Ausgabe.

Trifft Licht bzw. treffen Photonen auf die Netzhaut, so führt das zu chemischen Effekten, die letztendlich erst das Sehen ermöglichen. Trifft ein Lichtteilchen auf ein lichtempfindliches Protein, so entsteht für den Bruchteil einer Sekunde ein Paar von gegensätzlich geladenen Teilchen (Ionen). Magnetfelder wie das der Erde könnten während des Zerfalls den Drehimpuls von Elektronen (Spin) in den Ionen beeinflussen, vermuten Wissenschafter. Dadurch würde das Magnetfeld für die Vögel sichtbar.

Der (bisherige?) Widerspruch

Die Sache hat bzw. hatte allerdings einen Haken: Die Ionen existieren nicht lange genug, um die Spins der Elektronen beeinflussen zu können. Nun kam allerdings Kominis mit dem Argument des Quanten-Zeno-Effekts zu Hilfe. Dieser Effekt scheint - wie viele Quanten-Phänomene - dem Menschenverstand zu widersprechen, konnte aber zig-fach in den Quantenlabors bestätigt werden.

Ein Beispiel dafür ist der Zerfall eines Atoms. Dieser ist zwar nicht vorhersagbar, gehorcht aber einer statistischen Wahrscheinlichkeit. Vor einer Messung, ob das Atom jetzt zerfallen ist oder nicht, befindet es sich in einer Art Zwischenzustand: also weder zerfallen noch nicht zerfallen, lehrt die Quantenphysik und nennt diesen Zustand Superposition oder Überlagerung. Ebenso seltsam, aber ebenfalls nachweisbar: Häufiges Nachsehen, ob der Zerfall schon stattgefunden hat oder nicht, verzögert oder verhindert gar den Zerfall: Dies wird Quanten-Zeno-Effekt genannt.

Kominis meint nun, die Anwesenheit eines Magnetfeldes könnte über den Quanten-Zeno-Effekt auch die Elektronen der chemischen Reaktion im Auge beeinflussen - so würde das Magnetfeld sichtbar. (APA/red)