Otto C. Burghuber: Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP)

Foto: Burghuber
Wien - Als neuerlich vergebene Chance, die Bevölkerung vor den nachhaltigen gesundheitlichen Schäden durch (Passiv-)Rauchen zu schützen, bezeichneten heute der Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP), Otto C. Burghuber, Vorstand der 1. Lungenabteilung am Otto Wagner Spital in Wien, und der Vorstand der Klinischen Abteilung für Kardiologie an der Medizinischen Universität Wien, Gerald Maurer, die soeben präsentierten Inhalte zur Tabakgesetz-Novelle in einer Aussendung. Der Sinn des ausgehandelten Kompromisses sei, so die Experten, nicht nachvollziehbar, der Arbeitnehmerschutz werde zum Schaden der in der Gastronomie Beschäftigten "mit Füssen getreten".

Begleitmaßnahmen für Nichtraucherschutz völlig ungeeignet

Die in der Gastronomie angepeilte Lösung bezeichneten Burghuber und Maurer als "im negativen Sinn EU-weit einzigartig". Damit werde Österreichs Rolle als EU-Schlusslicht beim Nichtraucherschutz bestätigt. Die Definition der verschiednen Lokaltypen und ihre Verpflichtung zum Nichtraucherschutz sei, betonte Burghuber, "so schwammig, dass zu befürchten ist, dass letztlich Tausende Raucherlokale zum Rauchen geradezu animieren, insbesondere Jugendliche."

Dazu komme, dass die angekündigten Begleitmaßnahmen "völlig ungeeignet sind, die Bevölkerung vor den Gefahren des Passivrauchens zu schützen." Welche grundlegende Schutzfunktion etwa die geplanten ärztlichen Untersuchungen haben sollen, sei nicht nachvollziehbar. "Dies grenzt", so Burghuber, "an Zynismus, wenn man beobachten will, ob eine gesundheitsschädigende Situation tatsächlich die Gesundheit nachhaltig schädigt oder nicht." Dass "wirksame Begleitmaßnahmen, wie etwa Raucherentwöhnung auf Krankenschein, überhaupt nicht berücksichtigt sind, obwohl die Gesundheitsministerin dies vor Monaten angekündigt hat", kritisierte Maurer.

Kritik von Ärztekammer

Als "hochkompliziert und umständlich" hat der Präsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK), Walter Dorner, die von der Bundesregierung vorgeschlagene Lösung zum Nichtraucherschutz in einer Aussendung bezeichnet. Die nun vorgesehene Regelung sei "bürokratisch, schwer zu durchblicken, und sie erlaube eine Fülle von Schlupflöchern für erfindungsreiche Gastronomen". Ein positiver Punkt sei, dass die Raucherlokale und Raucherräume wenigstens durch Warnhinweise ähnlich wie auf Zigarettenpackungen gekennzeichnet werden müssten. Gebraucht werde tatsächlich ein generelles Rauchverbot, wie es auch die EU-Gesundheitskommissarin fordert.

Herz-Kreislauferkrankungen durch Rauchverbot zurückgegangen

Die Vorgangsweise der Gesundheitspolitik beim Nichtraucherschutz bezeichnete Maurer auch als unverständlich im Hinblick darauf, dass ganz aktuelle Studienergebnisse, die im "Journal of the American College of Cardiology" veröffentlicht wurden, klar nachweisen, dass bei Passivrauchen eine unmittelbar akute Verschlechterung der Gefäßfunktion gemessen werde konnte. Dementsprechend konnten in anderen Ländern bereits kurz nach Einführung des Rauchverbots positive Effekte bei Herz-Kreislauferkrankungen nachgewiesen werden: In Italien und Frankreich ein signifikanter Rückgang der akuten Herzinfarkte von mehr als 11 Prozent. In Frankreich stellte sich zudem bei den in der Gastronomie Beschäftigten ein Rückgang bei Atem- und Augenproblemen zwischen 13 Prozent und 67 Prozent heraus.

COPD: Rauchverbot unverzichtbar

Dass Rauchverbote auch bei Lungenerkrankungen, insbesondere bei der COPD (chronisch obstruktive Lungenerkrankung) "enorm viel bringen, sei heute unbestritten. Gerade COPD sei in hohem Maße durch Rauchen bedingt, "Rauchverbote sind, so Burghuber, nicht zuletzt auch deshalb wichtig, weil sie Raucher nachweisbar dazu motivieren, mit dem Rauchen aufzuhören." Die von der Regierung geplante Vorgangsweise (u.a. Installierung von Raucherlokalen) sei hingegen eher dazu angetan, vor allem Kinder und Jugendliche zum Rauchen zu animieren. (red)