Strahlentherapie am AKH Wien

Foto: Standard/Matthias Cremer
Wien - Nicht mehr wegzudenken aus der Behandlung von Krebs: die Strahlentherapie. Doch in manchen Bereichen orten Experten noch Aufholbedarf gegenüber Operationen. Vor allem bei Prostatakrebs ist die Strahlentherapie der Operation häufig zumindest ebenbürtig, wird aber seltener angewandt.

Genauer und höher ist besser

Bei der Bestrahlung gilt der Satz: Je höher die Dosis, desto besser. Je genauer, desto besser. Eine genauere Bestrahlung ermöglicht auch höhere Dosierungen. Auch die Stammzelltherapie dränge in die Radioonkologie, erklärte einer der beiden Tagungspräsidenten, Richard Pötter, Vorstand der Wiener Universitätsklinik für Strahlentherapie am AKH.

Beispiel Prostatakarzinom

Ein klassisches Beispiel für diese Entwicklung ist das Prostatakarzinom, dessen Häufigkeit in den vergangenen Jahren zugenommen hat. Die Gründe: viele frühe Diagnosen - und die Männer werden immer älter. Hier stellt sich in vielen Fällen - vor allem bei einem lokal auf die Prostata beschränkten Karzinom - die Frage nach der Vorgehensweise: die radikale Entfernung der Drüse mit einer belastenden Operation oder die Bestrahlung mit weniger Nebenwirkungen.

Untersuchung an Wiener Klinik

Gregor Goldner von der Wiener Klinik hat bei insgesamt 778 derartigen Patienten aus den Jahren 1994 bis 1998, 1998 bis 2003 und 1998 bis 2007 die schrittweise Dosissteigerung einer Strahlentherapie von außen untersucht. Dazu Pötter: Eine Steigerung der Strahlendosis um rund 15 Prozent bringe eine Erhöhung der Tumor-Kontrollrate um 75 Prozent. Diese Erfolgsraten seien mit jenen der Operation zu vergleichen. Auf der anderen Seite hatten auch bei der höchsten Strahlendosis nur zwei Prozent mehr Betroffene schwerere Nebenwirkungen durch die Therapie.

Zu viel operiert

In Österreich werde laut dem Experten noch bedeutend zu viel operiert. Mögliche Gründe: Prostatakrebs ist in Österreich zunächst eine Domäne der Urologen - sie stellen eben ein operierendes Fach dar. Außerdem gibt es offenbar noch immer die Mär, dass nach einer Operation ein karzinom-befallenes Organ eben weg sei und keinen Schaden mehr anrichten könnte. Beim lokal begrenztem Prostatakarzinom stellt sich daher die Frage ob man viel mehr auf die Bestrahlung als auf die belastende Operation setzen sollte. Nach Operationen treten häufig Komplikationen wie Inkontinenz und Impotenz auf.

Mammakarzinom: Kürzere Therapiezyklen

Neuerungen gibt es auch beim Mammakarzinom, wo die Strahlentherapie nach der Operation zur Routine gehört. Beim Kongress in Wien wird erstmals im deutschsprachigen Raum eine britische Studie vorgestellt, bei der 3.000 Patientinnen entweder 25 Mal (über fünf Wochen hinweg, Anm.) oder 13 Mal bestrahlt wurden. Es scheint jedenfalls so zu sein, dass man offenbar auf einen Teil der Therapiesitzungen verzichten könnte, wenn man die Strahlendosis entsprechend anpasst. Auch die Reduktion von Nebenwirkungen der Strahlenbehandlung ist ein Thema: Das ist besonders wichtig bei der Therapie von Karzinomen im HNO-Bereich, wo durch die räumlichen Gegebenheiten oft verschiedene Organteile mitgeschädigt werden. Das sind zum Beispiel die Speicheldrüsen. Hier könnten Stammzelltherapien in Zukunft einen Ausweg darstellen. Untersuchungen in diesem Bereich gibt es derzeit allerdings nur im Tiermodell.

"Vienna-Ring"-Applikator

Eine Neuentwicklung aus Wien, die in nächster Zukunft auch im Rahmen einer internationalen Studie, erprobt werden soll, ist der sogenannte "Vienna-Ring"-Applikator für eine lokale Strahlentherapie bei fortgeschrittenem Gebärmutterhalskrebs. Dabei kann die millimetergenaue Strahlenapplikation über Magnetresonanz-Bilder überwacht werden. Das erhöhe die Tumorkontrolle um 25 bis 30 Prozent. (APA/red)