Wenn Christian Eisenberger die Messe nicht gerade als Clown-Terrorist aufmischt, verschanzt er sich in seiner Pappburg.

Foto: Galerie Konzett

Selbstbewusst startet die neue Grazer Galerie artepari mit einer Einzelpräsentation von Markus Wilfling auf der Vienna-fair durch.

Foto: Galerie artepari
Aber es gibt auch alternative Präsentationsstrategien.
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Wien - Pünktlich zum Messestart der Viennafair hat eine österreichische Tageszeitung die Krise der österreichischen Kunst ausgerufen. Ja ja, kann man da seufzen, wie wahr, wie wahr. Oder man kann sich empören, das stimme ja alles überhaupt nicht, oder einlenken, die Kunst wäre am "richtigen Weg", so wie Viennafair-Kooperationspartner Christoph Thun-Hohenstein von departure wirtschaft, kunst und kultur GmbH, es beschreibt. Leider laufe nur die Entwicklung ein wenig langsamer als andernorts.

Am besten aber ist - und man fragt sich insgeheim schon, ob es eine besser lancierte Verkaufswerbung als den Krisentitel gibt - sich anstacheln zu lassen. Also zu zeigen, dass das wirklich alles Humbug ist, und daher Kunst zu kaufen, österreichische Kunst. So wie es die Deutschen machen, die selbstbewusst das boomende "Phänomen" zeitgenössischer deutsche Kunst ausstellen und auch selbst kaufen. Denn so läuft es, analysieren die Profis: Zuerst fängt jeder mit dem Sammeln im eigenen Land an. Also, österreichische Kunst kaufen, auch wenn kein Pickerl wie etwa "frisch, saftig, steirisch" drauf klebt und die entsprechende Schublade "österreichisch" noch nicht geöffnet ist.

Und Österreicher gibt es auf der Messe mit dem Schwerpunkt CEE und SEE (zentralost- und südosteuropäischer Raum) wahrlich genug, vor allem heimische Galerien, genau 45 an der Zahl. Der Anteil der Galerien aus dem Schwerpunktgebiet ist bei insgesamt 126 und damit 19 Ausstellern mehr von rund einem Viertel auf nun ein Fünftel zurückgegangen. Freilich ist die Region damit immer noch dichter repräsentiert als auf anderen Messen, aber es gilt bald zu analysieren, ob der erste Enthusiasmus verflogen ist und wie man als Messeleitung darauf reagieren kann. "Neue Galerien entstehen dort nicht in dem Maße, wie wir es erwartet haben, am ehesten noch in Polen", kommentierte der künstlerische Leiter Edek Bartz den Umstand schon vor Messebeginn.

Beim ersten Messemanöver am Mittwoch fallen die Osteuropäer wenig aus der Rolle, Koje an Koje überwiegen auf nunmehr 12.000 Quadratmetern Großformate, die bunt und laut ihre "Hallo, hier bin ich" hinausschreien. Bemerkenswert ist allerdings die trotz Gruppenausstellung (u. a. Szymon Kobylarz, Krzysztof Zielinski) auffallend homogene Präsentation der Warschauer Stiftung Zak Branicka, die eine radikale Konjunktur aller Versprechungen der Moderne vollzieht. Zak Branicka ist eine jener CEE-Galerien, für die eine Teilnahme auch ohne Förderung durch die Erste Bank interessant ist; ihre Präsentationsräume unterhält sie allerdings ohnedies in Berlin.

Auffallend, schon allein durch die Größe des zusammengezimmerten Hochstandes, ist auch die Präsentation der Galerie Philipp Konzett. Der Kunsthändler präsentiert den jungen Christian Eisenberger, der Narrenfreiheit genießt oder sie sich nimmt. So zieht er denn auch als Clown mit Sprengstoffgürtel durch das Messegelände, darauf wartend, dass die Kunst, die er in seinem mit leeren Kunst-Kokons und Echthaar-Yetis mit Haargaben der österreichischen Hautevolee, eingesammelt bei Haarkünstler Er-Ich, dekorierten Pappnest zeigt, zündet. Auf diesen wackelig ausschauenden, aber vom Statiker der Baupolizei abgenommenen Turm fallen neidvoll die Blicke derjenigen, die sich auf Messeübersichtsplänen generell nicht auskennen und sich aus der geschützten Obersicht interessante Einblicke auf trendgebende Bewegungsimpulse auf der Messe erwarten.

Kein Wunder und von vielen vorhergesehen, dass diese kecke Präsentation den jährlich von der Wirtschaftskammer ausgelobten Preis für den besten Stand einheimsen konnte. Konzett muss den Preis allerdings mit den Galeristinnen Christine König und Gabriele Senn teilen: Gegenteiliger könnte deren zum Kabinett ausgebaute Koje nicht sein. Nicht wirklich eine Präsentation, sondern mehr ein Statement für die Positionierung einer Galerie. König will nicht ständig Schwellenängste abbauen, sondern sich über diejenigen freuen, die kommen, weil sie sich interessieren. Das symbolisiert die auch mit privaten Schätzen ausgestattete Kammer, die so umgebaut wurde, dass sie auch zeigt, wie man - wie die Galeristinnen - mit Kunst leben. Wen das nicht interessiert kann ruhig draußenbleiben und den Wachhund am Vorhang wörtlich nehmen. (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD/Printausgabe, 24.04.2008)