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Der ehemalige katholische Bischof Fernando Lugo vor seinen Fans am Sonntag in der Hauptstadt Asunción. Mit Lugos Sieg endet die einundsechzigjährige Herrschaft der Colorado-Partei in Paraguay.

Foto: AP/Jorge Saenz
Asunción/Caracas – Paraguay wird von einem ehemaligen Bischof regiert werden. Fernando Lugo siegte bei der Präsidentschaftswahl am Sonntag mit 40 Prozent der Stimmen und beendet damit die 61-jährige Herrschaft der Colorado-Partei, die schon unter Diktator Alfredo Strössner (1954–1989) das Land regierte. Die Kandidatin der Colorados, die ehemalige Bildungsministerin Blanca Ovelar, kam nach Auszählung von mehr als 80 Prozent der Stimmen auf 30 Prozent und gestand noch am Abend ihre Niederlage ein. Die Wahlbeteiligung lag bei 65 Prozent.

In der Hauptstadt Asunción feierten tausende Sympathisanten die Nacht über frenetisch mit Hupkonzerten und Feuerwerkskörpern. Der 56-jährige Befreiungstheologe hat eine Agrar- und Gesundheitsreform in Aussicht gestellt sowie die Bekämpfung der grassierenden Korruption versprochen. Damit wird nach Venezuela, Bolivien, Argentinien, Ecuador, Chile, Brasilien und Uruguay ein weiteres südamerikanisches Land von der Linken regiert werden.

Abenteuer der Kleinen

In einer ersten Reaktion am Sitz seines Wahlkampfkommandos in Asunción dankte Lugo mit bewegter Stimme seinen Helfern, die „dieses Abenteuer der kleinen, einfachen Menschen von Anfang an unterstützt haben“. „Heute beginnt eine neue Ära. In Zukunft soll Paraguay nicht mehr im Ruf eines korrupten Armenhauses stehen, sondern bekannt werden für seine Transparenz und Aufrichtigkeit“, sagte er. Paraguay zählt laut transparency international mit Venezuela, Haiti und Ecuador zu den korruptesten Ländern Lateinamerikas. Unterstützt wurde Lugo im Wahlkampf von einer bunten „Patriotischen Allianz für den Wandel“, der neben der traditionellen Liberalen Partei auch Gewerkschaften, Bauernbewegungen und linke Jungparteien angehören.

Experten prognostizieren dem vom Vatikan suspendierten Bischof, der sein Amt am 15. August antreten wird, keine einfachen Zeiten. Macht- und Flügelkämpfe innerhalb der ideologisch sehr heterogenen Allianz sind ebenso wahrscheinlich wie eine Blockadepolitik der Colorados im Kongress. Außerdem droht ein Konflikt mit den Nachbarländern Argentinien und Brasilien, da der Ex-Bischof die Nutzungsverträge der beiden binationalen Staudämme neu aushandeln will.

Das Agrarland Paraguay nutzt nur einen Bruchteil der ihm zustehenden Energie, der Rest wird zu lächerlich niedrigen Preisen in die beiden unter Energieknappheit leidenden Nachbarländer exportiert. Makroökonomisch steht das Land dank der boomenden Sojaexporte mit einem Wachstum von sechs Prozent zwar gut da, doch 35 Prozent der sechs Millionen Einwohner sind arm, ein Fünftel hat keinen Anschluss an Trinkwasser oder die Kanalisation, 35 Prozent sind arbeitslos oder unterbeschäftigt. Knapp eine Million Paraguayer ist mangels Perspektiven ins Ausland abgewandert. (Sandra Weiss/DER STANDARD, Printausgabe, 22.4.2008)