"Kreisky Haider. Bruchlinien österreichischer Identitäten "
Anton Pelinka, Hubert Sickinger, Katrin Stögner

Kart., 256 Seiten
ISBN: 978-3-7003-1644-2
Einzelpreis: 24.90 EUR
Verlag Braumüller

Foto: Braumüller
"Kreisky ist nicht Kreisky, ist nicht Kreisky ...". Anton Pelinka versucht die Ambivalenz der Person Bruno Kreiskys zu verbalisieren, eine Person, die zum Protagonisten für sein neues Buch wurde. Gemeinsam mit seinen KollegInnen vom Institut für Konfliktforschung, mit Hubert Sickigner und Katrin Stögner, verfasste Pelinka das Buch "Kreisky - Haider", das sich laut Untertitel mit österreichischen und jüdischen Identitäten beschäftigt. Bruno Kreisky und Jörg Haider, zwei exemplarische und über die Grenzen Österreichs hinaus bekannte Politiker, wie sie unterschiedlicher nicht sein können, werden zum Ausgangspunkt und Anlass intensiver Reflektionen über das Ineinanderwirken österreichischer und jüdischer Identitäten. "Interessant ist vor allem der Vergangenheitsdiskurs von beiden", erklärt Hubert Sickinger die Wahl der Protagonisten.

Gesellschaftliche Verantwortung

Bei Kreisky nicht zuletzt deshalb, weil er sich aufgrund seiner jüdischen Herkunft immer der Forderung ausgesetzt sah, besonders deutlich zu einer österreichischen Identität und zur österreichischen Nation Stellung zu nehmen. "Kreisky hat die tatsächlich Schuldigen zwar sehr wohl namhaft gemacht, hat eine gesellschaftliche Verantwortung für die Verbrechen der NS-Zeit aber nie artikuliert", so Katrin Stögner, Autorin der Kapitel zu Kreisky, "das unterscheidet ihn allerdings nicht von anderen Funktionsträgern seiner Zeit."

Kreisky habe dadurch viel zur Gründung einer "neuen österreichischen Identität und ein österreichisches Nationalgefühl" beigetragen, dass er stets versucht habe, eine Versöhnung anzustreben ohne allerdings eine kollektive Schuld zu beleuchten. Er habe damit auch zur Bildung eines allgemeinen Opfermythos beigetragen. Erst im Zuge der Waldheimaffäre, fast 40 Jahre nach dem Ende des Krieges begann dieser Mythos aufzubrechen.

Beleuchtet und analysiert wird auch Kreiskys Rolle im Nahostkonflikt, in dem er eine starke propalästinensische Haltung und eine Vorreiterrolle mit der Anerkennung der PLO und Arafats einnahm.

Jörg Haider

Da die politische Biografie von Jörg Haider ebenfalls stark von seiner - deutschnationalen - Herkunftsfamilie und von der Kriegsgeneration geprägt war, liegt es nur nahe, den Vergangenheitsdiskurs am anderen Ende des politischen Spektrums anhand seiner Person zu illustrieren.

Sobald Haider auf Vergangenheitspolitik angesprochen worden wäre, seien deutschnationale Codes kontinuierlich durchgebrochen, erläutert Hubert Sickinger. Auch die Ortstafelfrage passe in dieses Bild des Deutschnationalisten. Erläutert wird unter anderem der Wandel von Haiders Deutschnationalismus in einen Österreichpatriotismus, Haider habe aber immer darauf Bedacht genommen, Österreich nicht als „Nation“ zu bezeichnen, so Sickinger zu derStandard.at. Es gebe zum Beispiel keinen Beleg, dass Haider den Ausdruck "Nationalfeiertag" verwendet habe, er verwende stets den Begriff „Staatsfeiertag“. Ein Code, der vom Adressaten verstanden wird. In direkter Linie Haiders sieht Sickinger Heinz Christian Strache. Aussagen über die aktuelle Situation trifft das vorliegende Buch aber kaum und beschränkt sich bewusst auf die Reflexion der Ereignisse der Vergangenheit. (red)