Eva Jantschitsch alias Gustav bittet beim "donaufestival" zum Kirchgang - mit der Trachtenkapelle Dürnstein. Absolution erteilt.

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Sich ab und zu in fremde Kontexte zu begeben sorgt für Spannung. So ist es erfreulich, wenn Konzerte bisweilen in Schwimmhallen, Kiesgruben oder englische Ferienbäder verpflanzt werden, anstatt diese in den gewohnten Kellerlokalen zu veranstalten. Konzerte von im Pop/Rock-Umfeld wurzelnden Acts in Kirchen sind zwar so selten nun auch nicht, wenn das donaufestival aber vier seiner Performances in die Kremser Minoritenkirche transformiert, können eine dezent feierliche Atmosphäre und ein beeindruckender Klangraum erwartet werden.

Einen frühen Höhepunkt des Programms bringt der Freitag des ersten Wochenendes: Die österreichische Musikerin Eva Jantschitsch alias Gustav wird ihr demnächst erscheinendes zweites Album Verlass die Stadt erstmals live präsentieren.

Nachdem ihr großartiges, allerorts mit wenig Zurückhaltung gelobtes Debüt Rettet die Wale auf Do-it-yourself-Ästhetik, Laptop und genialem Dilettantismus an allerlei Instrumentarium fußte, spannt der neue Longplayer den Bogen noch weiter und integriert Ansätze von Country oder Volksmusik. Wenn alles mit rechten Dingen zugeht, sollte Verlass die Stadt Jantschitschs Ruf als beste Texterin und interessanteste Musikproduzentin mindestens dieses Landes einzementieren. Musikalisch unterstützt wird die Live-Darbietung von Gustavs Band, bestehend aus Oliver Stotz und Elise Mory, sowie der ebenfalls auf dem Album vertretenen Trachtenkapelle Dürnstein.

Wie politische Texte heutzutage klingen können, weiß nicht nur Gustav, sondern auch die aus Philadelphia stammende Ursula Rucker, die in der Tradition eines Gil Scott-Heron in ihren stets eindringlichen Spoken Word Performances als Zentralthema afroamerikanische Geschichte verhandelt und mit ihren explizit feministischen Raps tags darauf in der Minoritenkirche auftreten wird.

Die Goldenen Zitronen aus Hamburg, die mittlerweile seit mehr als zwanzig Jahren demonstrieren, dass Punk nicht bloß heißt, dass man da bunte Haare trägt, sind schon längst eher wild wucherndes Kulturrhizom denn simple Band. Wenn von den Köpfen Schorsch Kamerun und Ted Gaier nicht gerade Theater gemacht wird, Filme inszeniert oder Hörspielpreise gewonnen werden, dann hievt man eben eine Zusammenarbeit mit der Schauspielerin und einstigen Fassbinder-Mitstreiterin Irm Hermann ins Programm des donaufestivals.

Dabei ist durchaus beabsichtigt, dass hier die Scharniere zwischen den Generationen und den künstlerischen Formen quietschen. Gleich zwei Aufführungen von Universallove, einer Kollaboration des Regisseurs Thomas Woschitz und der von optimistischer Melancholie getragenen Klagenfurter Band Naked Lunch, beschließen die Programmreihe. Punk, Politik und Blaskapelle, Performance, Film, elegischer Rock und Kirche: eine bemerkenswerte Suppe des Kunstgenusses. (Philipp L'Heritier / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17.4.2008)