Ansichtssache: Gerichtszeichnungen von Oliver Schopf

Gerichtszeichnung: Oliver Schopf
Wien - Helmut Elsner hat sie satt, die ewigen Fragen. Erst recht die "blöden". Am 92. Tag des Bawag-Prozesses, an dem es um Verlustverschleierung und jenen Kredit (88 Mio. Dollar) ging, den die Bawag Anfang 2001 über US-Gesellschaften Martin Schlaffs zu Wolfgang Flöttl und von dort in vier Liechtenstein-Stiftungen schleuste, war es wieder so weit.

Die Geschichte zur "blöden Frage" (Elsner), die ihm Staatsanwalt Georg Krakow am Mittwoch stellte: Am 15. Dezember 2000 wusste der Vorstand, dass Wolfgang Flöttl erneut alles verloren hatte. In der Folge wurde hektisch nach Auswegen gesucht, "die Zeit danach war eine permanente Konferenz", erzählte Peter Nakowitz, damals Elsners Generalsekretär. Hektisch wurde im Dezember nach Auswegen gesucht (die Idee, bilanzrettende Geschäfte mit der israelischen Bank Leumi zu schließen, scheiterte), bereits am 4. Jänner floss das Geld, einen Vorstandsbeschluss dafür gab es laut Protokollen erst in der zweiten Jännerwoche.

Nach der (noch immer nicht sinnstiftend beantworteten) Frage, wofür es die "vier Amerikaner" (die US-Gesellschaften, die Provisionen bekamen, die laut Schlaff bei einem New Yorker Wohltäter landeten) gebraucht habe, ergab sich ein Wortduell zwischen Krakow und Elsner, der "bilanzielle Gründe und Länderrisiken" ins Spiel brachte. Krakow: "Wissen Sie, dass der Bilanzstichtag der Bawag am 31. 12. war?" Elsner: "Auf so blöde Fragen antworte ich nicht, das ist ja grotesk." Aber: "Natürlich weiß ich's." In der Kernfrage, wann gezahlt und wann beschlossen wurde, stellten sich die angeklagten Ex-Banker gegen Elsner, der sagte, der Kredit sei im Dezember beschlossen worden.

Die Crux dabei: Auf die Protokolle kann man sich dabei nicht verlassen, weil sie habituellerweise umdatiert wurden. Ein Faktum, das im Bawag-Prozess unter dem Schlagwort "datumsoptimiert" abgelegt ist.

Streit im Vorstand

Die Diskussion um die konfliktgeladene Zeit Ende 2000 / Anfang 2001 (Büttner, Hubert Kreuch und Josef Schwarzecker wollten die Bilanz 2000 nicht unterschreiben und stellten sich damit gegen Johann Zwettler und Elsner) verlief auch in der Verhandlung sehr emotionsgeladen. Sie gab Einblick, wie der Vorstand angesichts der massiven Verluste auseinanderzubrechen drohte - und wie er sich zusammenkitten ließ.

Ein Mittel dazu: Tee bei Helmut Elsner - ein Event, das der Angeklagte Büttner am Mittwoch so in Erinnerung rief: "Elsner hat Kreuch mehrfach zum Tee eingeladen, um Druck auszuüben und um Kreuch zu bearbeiten, dass er umfällt. Er sollte die Bilanz unterschreiben." Zwischenfrage der Richterin: "Was war in dem Tee drinnen?" Kreuch schilderte das Teekränzchen am 21. Jänner 2001 in der Wohnung seines Vorstandschefs dann so: "Ich glaubte damals nach einem Gespräch mit dem Aufsichtsratspräsidenten zu wissen, was alles gelaufen ist. Elsner lud mich zum Tee ein und sagte, man solle Büttner isolieren, dann würde Schwarzecker auch zustimmen, und die Mehrheit im Vorstand stünde vier zu eins. Ich habe ihm gesagt: 'Helmut, das geht nicht.' Ohne ÖGB-Garantie hätte ich nicht unterschrieben, ich wollte meine Funktion zur Verfügung stellen, war ja schon im Pensionsalter."

Elsner bestritt das vor Gericht alles gar nicht; "das stimmt", meinte er nur kurz. Ob er weitermachen wollte wie bisher? Er habe damals erreichen wollen, dass die Bilanz von allen unterschrieben werde, "ich wollte weitermachen, aber ohne neues Geld an Flöttl zu geben. Ich war der Meinung, man solle den ÖGB nicht mit einer Garantie reinziehen, weil doch der Vorstand diese Geschäfte zu verantworten hatte."

Eine Einsicht, die freilich nur partieller Natur zu sein scheint. Elsner, kurz darauf: "Der Skandal der Bawag ist, dass der ÖGB eine Bank hatte. Das hat vielen nicht gepasst." (Renate Graber, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17.4.2008)