Der Herr Jugendstaatsanwalt

aus Hildesheim bei Hannover fuhr Accord. Muss 1986/87 die dritte Generation gewesen sein. Der sympathische Jurist in Staatsdiensten, der fast mein Schwiegervater geworden wäre, hatte das Auto in die Familie integriert wie mich, den "Ösi". "Meine Honda", pflegte er zu sagen -die Preußen belieben Automobile dieser Japanmarke feminin zu konnotieren.

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Konservativ designt,

das bildete optisch ein Gegengewicht zur aggressiven, sukzessive zerfallenden Welt, mit der er beruflich tagtäglich konfrontiert war, dazu Automatik zur Bequemlichkeit und um runterzukommen mit Puls und Blutdruck. Auch seine Frau Thusnelda, meine einst potenzielle Schwiegermama und salopp "Tussi" gerufen, mochte "unsere" Honda.

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Und,

nein, meine hier angedeutete Beziehung scheiterte nicht wegen oder an Honda, ich werde die Firma nicht im Nachhinein klagen.

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Konservativ war das Stichwort.

Das ist nicht gerade der Eindruck, der sich fünf Generationen später aufdrängen würde. Scharf geschnitten, aggressiv fast, ist der neue Accord, der nahezu zeitgleich als Limousine und Tourer (Kombi) auf den Markt kommt, und demonstriert so schon stilistisch den Imagewandel. Eine Evolution mit Ecken und Kanten.

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Den Zielkonflikt

zwischen Komfort und Sportlichkeit löst Honda übrigens elegant mit komfortabler Sportlichkeit. Das jedenfalls wäre die markanteste Impression, die wir von der soeben in Niederösterreich anlaufenden internationalen Pressepräsentation mitnehmen konnten.

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Dank enorm

steifer Karosserie wirkt der Wagen wie aus einem Guss, über das Handling gibt es nichts zu meckern, und die direkte Lenkung will zum positiven Gesamteindruck ebenso passen wie Schaltung und Fahrwerk.

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Nicht sonderlich

lässig ist andererseits der Umstand, dass Hinterbänkler ihre Zehen schwer unter den Vordersitz kriegen, und wir reden nicht von Menschen mit Stahlkappenschuhen. Beim Diesel wiederum singt weiter leise die Steuerkette, und es gibt ein kleines Traktionsproblem bei nassem Untergrund.

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Das jedoch

ist ein Zugeständnis an den Umstand, dass die Motorenweltmeister aus Fernost - Honda baut über 20 Mio. Verbrennungsmotoren jährlich, verfügt hier also über enorme Expertise - wegen künftiger noch strengerer Abgasvorschriften einen ganz neuen Selbstzünder entwickelt haben, der mit dem Vorgänger (140 PS, 340 Nm) nur den Hubraum von 2,2 Liter gemeinsam hat.

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150 PS

und 350 Nm sind die neuen Eckdaten, und trotz größeren Autos und mehr Gewicht bleibt das Normverbrauchsmittel bei 5,6 l/100 km - wer sich an die Schaltpunktanzeige hält, spart nochmal bis zu einem halben Liter.

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Erstaunlich übrigens,

dass bisher in Österreich erst 13 Prozent aller Accord-Kunden sich für den Kombi entschieden, der Importeur rechnet für die neue Generation denn auch mit einem echten Paradigmenwechsel und gleich 60 Prozent Kombikunden. Sieht echt gut aus, will aber nicht mehr der Lademeister sein wie früher.

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Den Kunden

käme es darauf ohnehin nicht an. Sagt Honda. Und weil der Tourer neuerdings dieselbe Hinterachse hat wie die Limousine, fährt er sich zwar flotter, es ist aber auch der Nutzraum verbauter als zuletzt.

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Fazit jedenfalls: stimmige Neuauflage. Der Herr Jugendstaatsanwalt ist zwar längst pensioniert. Er könnte es aber gerade jetzt noch einmal ein bisserl krachen lassen. Neuer Accord? "Meine Honda." Meine Herren.

(Andreas Stockinger, AUTOMOBIL, 11.04.2008)

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