Foto: David-Freihsl

Manche Dinge wissen nur die Kinder. Und das ist kein Wunder – entbrennt ihr Ehrgeiz doch noch an vollkommen anderen Dingen als in der Welt der großen Ehrgeizler. So lautet etwa einer der härtesten Wettbewerbe, der etwa ab dem Alter von drei Jahren beginnt: "Ich drück'!" Und zwar überall wo es etwas zum Drücken gibt.

 

Wichtigster Austragungsort ist natürlich der Aufzug. Und das kann ziemlich zeitraubend sein – wenn man in der U-Bahnstation eine, manchmal sogar zwei Aufzugsfahrten abwarten muss, nur weil schon wer anderer schneller beim Knöpferl war. Kommt dann noch ein zweites Kind dazu, wird's brutal. Ist man endlich drinnen im Lift, das gleiche Spiel noch einmal: "Ich drück'!" Und weil's so schön war, gibt's oben auf der Straße die nächste Runde. Beim Fußgängerübergang. Die Kinder hoserln um die Wette los zum Kasterl, bei dem die Fußgänger um eine Grünphase bitten können: "Ich drück'!"

So ging das lange Zeit. Bis eines Tages alles anders war. Denn die Tochter hatte eine schier unglaubliche Einrichtung entdeckt. Es begann wie immer: Das andere Mädchen zischt wie vom wilden Watz gebissen los und drückt triumphierend das Knöpferl. "Pieps!" Die Tochter bleibt aber eigenartigerweise vollkommen cool, geht gelassen zum Masten und drückt auf die Unterseite des Kasterls. Und zur allgemeinen Verblüffung ertönt das "Pieps!" noch einmal.

Denn was kaum ein Erwachsener weiß: An der Unterseite gibt es einen zweiten, geheimen "Pieps"-Knopf. Nun hatte zwar das andere Kind die offizielle Taste als erster erwischt – aber die Tochter war die erste, die den anderen Knopf gedrückt hatte. Und der Tag war gerettet. Was übrigens weder die Kinder und kaum ein Erwachsener weiß: Diese Dinger beim Fußgängerübergang haben einen offiziellen Namen. Im Magistratsdeutsch sind das die "Anmeldekästchen der Ampelständer". (Roman David-Freihsl/DER STANDARD-Printausgabe, 12.4.2008)