Wohnen unter der Dachschräge? Wer das nötige Geld hat, der residiert im Penthouse - und zwar ohne Dachflächenfenster und ordinären Heizkörper.

Collage: STANDARD
Doch wer viel zahlt, der verlangt auch viel. Eine Preisspirale beginnt.

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Raus auf die Terrasse, um ein paar Blätter Basilikum zu zupfen, ein kühler Wind strömt ins Wohnzimmer, der Ausblick reicht bis zum Horizont. Keineswegs ist ein solcher Wohngenuss aufs Landleben reduziert, auch in der Großstadt kann man diesem Luxus frönen - vorausgesetzt natürlich, man verfügt übers nötige Kleingeld. Die Lösung lautet Dachgeschoßwohnung. "Dachböden sind eine begehrte Wohnform", sagt Erich Podstatny, Geschäftsführer von EP Immobilientreuhand, "es ist gigantisch, wie viel manche Leute bereit sind, für eine Dachgeschoß-Wohnung in guter Lage auszugeben."

Bis zu 17.000 Euro - pro Quadratmeter

Dachgeschoße zum Mieten sind sehr selten. Die Mieter greifen mit bis zu 20 Euro Monatsmiete tief in die Tasche, rechnen tut sich das für den Vermieter aber doch nicht. "Die Auflagen für die Errichtung sind so hoch, dass der teure Bau durch Mieteinnahmen allein kaum mehr zu refinanzieren ist", so Podstatny. Die meisten Wohnungen stehen daher zum Verkauf. 7.000 bis 10.000 Euro pro Quadratmeter sind in Zentrumsnähe keine Seltenheit mehr, in der Wiener Innenstadt hingegen ist unter 10.000 Euro nichts mehr zu kriegen. Bei manchen Objekten klettert der Quadratmeterpreis bis 13.000 oder 17.000 Euro hoch.

Wer so viel zahlt, der ist wählerisch: Kleine Dachausbauten könne man auch ohne Dachgarten oder Terrasse leicht vermarkten, bei großen und exklusiven Objekten sei das jedoch nahezu unmöglich. Aus Erfahrung weiß der Immobilientreuhänder: "Eine Dachwohnung ohne Freiraum ist ein Ladenhüter." Obwohl die Anzahl der verfügbaren bzw. ausbaubaren Dachböden in innerstädtischen Lagen immer geringer wird, steigen die Anforderungen der Kunden enorm. Übergroße Raumhöhen, Galerien im Wohnzimmer, exklusive Materialien und eine ebenso raffinierte Sanitärausstattung, große Badezimmer sowie mehrere Toiletten sind keine Seltenheit.

Hohe Kundenwünsche

Auch Robert Kalandra, Geschäftsführer des gleichnamigen Maklerbüros, weiß Ähnliches zu berichten: "In diesem Preissegment muss alles stimmen. Es reicht schon, dass die Terrasse nicht auf einer Ebene mit dem Wohnzimmer liegt - schon ist das nicht so gern gesehen." Schwierig sind vor allem Wohnungen mit zu flachen Dachschrägen. Immer mehr Projektentwickler tendieren daher dazu, auf den maximal umbaubaren Raum zu verzichten und stattdessen Staffelgeschoße mit voller Raumhöhe vorzusehen. Ob eine solche Lösung auch tatsächlich bewilligt wird, hängt von der jeweiligen Bauordnung bzw. von den Gestaltungsrichtlinien ab.

"Im Luxussegment sind Dachschrägen inakzeptabel", sagt Architekt Rüdiger Lainer, "das verkauft sich nicht." In dem von ihm geplanten Dachausbau Nibelungengasse, mit direktem Blick auf den Wiener Karlsplatz, hat er aus dieser Erfahrung geschöpft. "Bei diesem Projekt sieht man sehr gut, was der Unterschied zwischen Dachgeschoß und Penthouse ist: Die Wohnungen sind offen und flexibel, man spielt mit Vor- und Rücksprüngen, schafft Terrassen, Balkone und freie Flächen vor den Fenstern."

Zwölf Wohnungen unterschiedlicher Größe wurden auf dem historischen Bestandsbau errichtet. Allesamt verfügen sie über Terrassen bzw. Dachgärten und sind hochwertig ausgestattet. Aus räumlichen Gründen sind die Glasfassaden zwar geneigt, eine herkömmliche Dachschräge wird man allerdings vergeblich suchen. "In diesem Segment darf man Luxus nicht ausschließlich materiell verstehen, der wahre Luxus in dieser Höhe sind nämlich Raum und Ausblick." Exzessive Sonderwünsche gibt es aber doch: "Kundenwünsche im Raum Wien sind bisweilen sehr parvenühaft. Sehr oft regiert die Devise: Form follows money."

Das Angebot schrumpft

Wie viel genau davon ausgegeben wurde, will Josef Kinsky nicht verraten. Er ist Prokurist bei der A & A Liegenschaftsverwaltungs GmbH, die das Bauvorhaben vermarktet. Nur so viel: "Die Quadratmeterpreise sind sehr hoch, die Wohnungen waren dennoch sehr rasch verkauft." Heute, ist sich Kinsky sicher, könnte man noch mehr verlangen, denn das Angebot wird immer rarer. Bei den strengen Auflagen, die derzeit herrschen, könne man kaum noch zu vernünftigen Bedingungen bauen. Anfang 2009 wird die Sache noch komplizierter - dann tritt die Euro-Norm mit ihren noch strengeren Erdbeben-Richtlinien in Kraft. Damit ist klar: Für den Durchschnitts-Österreicher rückt das Wohnen über den Dächern wieder einmal in weite Ferne. (Wojciech Czaja, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12./13.4.2008)