Je geringer die Geburtenrate, desto besser laufen die Geschäfte für Design-Schnuller. Mam erzeugt davon 30 Millionen Stück.

Foto: Mam Babyartikel
Wien – So ein Schnuller hat es in sich. Hautfreundlich müsse er sein, kiefergerecht und gut entlüftend, sagt Peter Röhrig und drückt dabei prüfend einen Zutz der Marke Seidensauger. "Diese Silikonoberfläche hier weist Schmutz ab, ist jedoch nicht klebrig, sondern zart, fast hautähnlich." Ein Babymund verändere sich zudem beinahe täglich. "Da müssen wir uns anpassen."

Röhrig stellt jährlich gut 30 Millionen Schnuller für 35 Länder weltweit her. Mit seinem Betrieb Mam Babyartikel ist er Marktführer in den USA. In Skandinavien nuckeln neun von zehn Babys an Know-how aus Wien. Und in Deutschland wie England rangiert er hinter dem Branchenriesen Nuk auf Platz zwei. In die Wiege gelegt wurde ihm das Geschäft mit den Schnullern nicht. Sein Vater war Kunststoffindustrieller und erzeugte unter anderem Pez-Spender. Röhrig zog sich aus der Fertigung zurück und spezialisierte sich auf Produktentwicklung. Unter zehn Geschäftsideen – von Mikrowellengeschirr bis zu Pharmaverpackung – fiel die Entscheidung auf Schnuller. Das medizinische Wissen in Europa garantiere hier Vorsprung. Für Konzerne sei die Nische auf Dauer uninteressant, für Kleine aber groß genug, resümiert er. "Und es ist lustiger, mit Schnullern zu arbeiten als mit Autoteilen und Ventilen."

Röhrig entwickelt die Sauger mit Ärzten und Designern in Wien. Die Einzelteile liefern Partnerfirmen, darunter viele österreichische Hersteller. Für das Latex sorgt eine Tochter in Thailand, montiert wird mit 250 Mitarbeitern in Ungarn. Beide Betriebe teilen sich die Wiener mit Schweizer Partnern. Die Produktionsflächen in Ungarn wurden verdoppelt, sagt Röhrig, und er schließe Zukäufe nicht aus.

Generell gelte: Je niedriger die Geburtenrate, desto besser laufe das Geschäft. Mam sei ja nicht gerade billig und dort gefragt, wo Eltern bereit seien, für Design und Innovationen zu zahlen. Vor kurzem habe Mam so den Sprung nach Australien und Korea geschafft. Am Einstieg in Japan wird gearbeitet. An mächtiger Konkurrenz fehlt es nicht: Neben der Total-Fina-Tochter Nuk und dem Philips-Ableger Avent mischen vor allem Fernost-Firmen am Zutzel-Markt mit. Wenn auch mit teils fragwürdigem Material, meint Röhrig. "Es gab immer wieder Rückrufaktionen aus Asien." Ihm mache vielmehr die Dollarschwäche zu schaffen. "Das schlägt auf den Gewinn durch. Hält sie an, werden immer mehr Produzenten abwandern."

Röhrig legt die Schnuller beiseite und kramt bunte Beißringe, Fläschchen und Stillpumpen hervor. Anders als in Österreich sei er damit international gut unterwegs, sagt er. In Österreich brauche alles mehr Zeit. (Verena Kainrath, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 10.4.2008)