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Ausgerottet, behutsam wiederangesiedelt und heute vielerorts auf ein Problem reduziert: der Braunbär.

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Linz/Salzburg - Moritz kennt keine Grenzen. Im Winter zwar deutlich ruhiger, ist der Siebenjährige im Frühjahr kaum aufzuhalten. Und beschert damit seinem "Zieh-Papa" Walter Wagner so manch schlaflose Nacht. Nein, es handelt sich nicht um einen Einsatzbericht der Fernseh-Supernanny, vielmehr befindet sich Österreichs einzige Braunbären-Nachwuchshoffnung "Moritz" auf bundesländerübergreifender Wanderschaft.

"Seine Winterruhe hat Moritz weitgehend in Gosau verbracht, jetzt zeugen Spuren davon, dass er nach Salzburg weitergezogen ist", erzählt Wagner im Standard-Gespräch. Womit auch das Problem beginnt: Im Salzburgerischen werde Moritz zwar geduldet, sei aber - laut Bärenanwaltschaft - ein nicht unbedingt gern gesehener Gast. "Salzburg ist erst relativ kurz im Bärenmanagement. In Sachen Akzeptanz stehen wir dort noch ziemlich im Anfang", sagt Wagner.

Und die Vorurteile aus der Mozartstadt bekommt Moritz am eigenen Pelz zu spüren. Nicht nur, dass sein Erscheinen offenbar wenig Freude bereitet und er so mancher Plünderaktion bezichtigt wird, man verweigert ihm auch das Recht auf bärige Liebschaften. Vor rund einem Monat war man bemüht, für Moritz eine junge Bärin aus Slowenien einzubürgern. Das Land Salzburg lehnte jedoch ab. Moritz bleibt also bis auf weiteres Single. Was die heimische Bärensituation nicht gerade entschärfen dürfte: Denn die Population in den nördlichen Kalkalpen steht vor dem Aus: Von 35 Exemplaren, die dort in den vergangenen 18 Jahren nachgewiesen wurden, sind nur noch zwei - der 19-jährige Djuro und dessen Sohn Moritz - übrig.

Gefährliche Streifzüge "Es ist ein Trauerspiel. Laut EU-Richtlinie müsste Österreich alles für die heimischen Bären tun. Doch von einer Population sind wird derzeit Lichtjahre entfernt", ist Wagner besorgt. Mit nachweislich zwei Tieren könne man bestenfalls von einer "Liebhaberei" sprechen. "Mit einem echten Artenschutz hat das nichts zu tun", so Wagner. Ob er um das Leben von Moritz bange, wenn dieser durch Salzburg streift? "Eigentlich nicht, aber natürlich ist mir wohler, wenn er in einem Bundesland mit einer größeren Akzeptanz ist", hofft Wagner auf eine baldige Rückkehr.

In Salzburg selbst will man aber kein Problem mit Moritz haben. Bis auf ein paar "zerlegte Wildfütterungen" sei der Braunbär "sehr friedlich", betont man im Büro des Salzburger Jagd- und Agrarlandesrat Sepp Eisl (ÖVP) auf Standard-Anfrage. Während Moritz als Besucher in Salzburg offensichtlich doch willkommen ist, steht man der Ansiedelung einer möglichen Gefährtin für den Siebenjährigen nach wie vor äußerst reserviert gegenüber. Das Salzkammergut sei für eine größere Bärenpopulation einfach zu stark touristisch genutzt. Es gebe zu wenig zusammenhängende Freiflächen für eigenständige Bärenreviere. In Österreich sei vermutlich nur im Ötschergebiet genügend Platz für eine neue Generation von Braunbären, ist man in Salzburg überzeugt.

Das künftige Liebesglück von Moritz entscheidet sich übrigens demnächst nicht im (Bären)Wald, sondern am grünen Tisch. Am 27. Mai lädt Oberösterreichs Agrarlandesrat Josef Stockinger (ÖVP) Interessenvertreter von Landwirtschaft, Jagd, Wissenschaft und Verwaltung zu einem "Bären-Gipfel". Eines scheint aber trotz hoher Diskussionsbereitschaft bereits im Vorfeld klar: Bei der Frage, wie viele Bären das Land verträgt, werden die Expertenvorstellungen weit auseinandergehen. (Thomas Neuhold, Markus Rohrhofer/DER STANDARD-Printausgabe, 08.04.2007)