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In Mexiko führten teure Tortillas zu Massenprotesten.

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Wien - "Grupo Bimbo? Nie gehört. Wer soll das sein?" Ein kurzer Rundruf in der österreichischen Lebensmittelindustrie bringt über den internationalen Familienkonzern nur wenig Ergiebiges. Auch in Europa ist er vielen kein Begriff, räumt ein Mitarbeiter seiner deutschen Tochtergesellschaft ein. Dabei ernährt die Gruppe halb Mexiko.

Bimbo reiht sich hinter Unilever, Sara Lee und Nestlé unter die größten Nahrungsmittelkonzerne der Welt. In der Backwarenbranche gelten die Mexikaner weltweit als Nummer zwei. Bis 2010 wollen sie im Zuge der Expansion in China an die Spitze. Das Rezept dazu sind Brote und Kuchen, Süßwaren, Schokolade, Knabbereien und - in großem Stil - Tortillas. Mehr als 100 Marken und 5000 Produkte sammeln sich unter ihrem Dach. Den Grundstein des Lebensmittelimperiums legte Familie Servitje 1945 mit einer kleinen Bäckerei in einem Hinterhof von Mexiko-Stadt. Gebacken wurde per Hand, und bald brauchte es zehn Lkws für die Auslieferung.

Heute versorgt Grupo Bimbo neben Mexiko die USA, ganz Mittel- und Südamerika und notiert an der Börse in Mexiko. Und ihr Appetit auf Akquisitionen wächst. Im Visier sind Fertigungen quer über die Kontinente. Gut 76 Werke sind es derzeit. Auch in Peking hat sich der Riese eingekauft.

Erste Brücken gibt es zudem nach Europa - und Österreich. Bimbo erwarb 1998 den deutschen Fruchtgummi-Spezialisten Park Lane und Werke in Tschechien. Ein Jahr später schluckten die Mexikaner das Herzstück der Wiener Schokoladefabrik Czapp: die Produktion von Überraschungseiern und Schokoladebananen. Der Traditionsbetrieb war zuvor über fehlgeschlagene Russland-Geschäfte gestolpert und in Konkurs gerutscht. 2003 zerschlug sich auch das Geschäft mit den süßen Eiern: Bimbo legte die Produktion in Wien still, Überraschungseier sind nun vor allem in der Hand von Ferrero. Es war eine strategische Entscheidung, ist aus dem Konzern zu hören.

Leicht macht es Europa ausländischen Süßwarenriesen durch hohe Einfuhrzölle und Ausgleichsabgaben nicht, sagt Josef Domschitz vom Verband Lebensmittelindustrie in Wien. Und bei den Fruchtgummis dominiere Haribo den Markt. "Die Mexikaner haben nur dann eine Chance, wenn sie starke internationale Marken kaufen." Und diese teilten die Europäer unter sich auf. 2007 exportierte Mexiko Lebensmittel im Wert von 6,855 Mio. Euro nach Österreich. Die Hälfte davon entfiel auf Corona-Bier.

Mexiko selbst ist für die Lebensmittelindustrie ein gutes Pflaster. Die Bevölkerung ist jung und konsumfreudig, die Wirtschaft wächst um jährlich vier Prozent. Doch die Stimmung kann in einem Land, in dem die Hälfte der Bevölkerung in Armut lebt, schnell kippen. 2007 ließen die steigenden Maispreise die Kosten für Tortillas um 60 Prozent explodieren, Massenproteste waren die Folge. Die Grupo Bimbo hat die hohen Rohstoffkosten dennoch gut verdaut. 91.000 Mitarbeiter setzen mehr als fünf Mrd. Dollar um, die Gewinne sprudeln. (Verena Kainrath, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27.03.2008)