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Die U-Kommission wird zu angeblichen Mängeln im Otto-Wagner-Spital unter Vorsitz von Dieter Baumgartner auch SP-Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely befragen.

APA/HERBERT PFARRHOFER
Wien – Dieter Baumgartner, ehemals stellvertretender Vorsitzender in den Wiener Untersuchungskommissionen zu Stadtplanung und Geriatrie, ist ein zügiger Vorleser. Diese Eigenschaft kann der Notar derzeit gut brauchen, als Vorsitzender der U-Kommission über die angeblichen Missstände in der Versorgung von psychiatrischen Patienten im Verantwortungsbereich der Gemeinde Wien. Trotz des Leseflusses dauerte es am Dienstag bei der konstituierenden Sitzung im Wiener Rathaus gut zwanzig Minuten, bis Baumgartner den Antrag und dessen Begründung von VP und Grünen Wien zur Einsetzung der U-Kommission vorgelesen hatte.

Politische Verantwortung feststellen

Die je zwei anwesenden Vertreter von VP, FP und Grünen auf der einen Seite des U-förmigen Tisches und die ihnen gegenübersitzenden neun SP-Gemeinderäte lauschten den Fragen zu etwaigen Struktur- und Führungsmängeln in der Psychiatrie (vor allem im Otto-Wagner-Spital), freiheitseinschränkenden Maßnahmen wie Netzbetten und zur Untersuchung unklarer Todesfälle. Auch Fragen zur Weiterversorgung von Patienten nach deren Entlassung aus der Psychiatrie und noch einige mehr sollen innerhalb eines Jahres von der Kommission behandelt werden. Ziel ist, festzustellen, ob es Mängel gibt und wenn ja, wer dafür politisch verantwortlich ist. Es ist geplant, nicht nur SP-Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely, sondern auch ihre Vorgängerinnen zu befragen. Einigkeit schien am Dienstag nur in einem einzigen Punkt zu herrschen:_Darin, dass Verfassungsrechtler Heinz Mayer als Experte für Persönlichkeitsrecht fungieren soll.

Debatte um Angehörige

VP und Grüne wollen auch Angehörige und den Anwalt einer Patientin als Zeugen laden. SP-Fraktionssprecher Christian Deutsch sagte dazu:_"Der Ladung von_Patienten und Angehörigen werden wir nicht zustimmen." Eine "Showbühne" lehne die SPÖ_ab. Auch den Grünen sei es wichtig, die Persönlichkeitsrechte von Patienten oder Mitarbeitern zu wahren, sagte Gesundheitssprecherin Sigrid Pilz. "Angehörige wissen aber, was sie tun" und es sei "nicht respektvoll", ihnen mit dieser Diskussion das Gegenteil zu unterstellen, meinte Pilz. FP-Kommissionsmitglied Gerald Ebinger erinnerte daran, dass genau solche Einzelfälle zur U-Kommission geführt haben. Mayer soll innerhalb der nächsten vier Wochen darüber entscheiden, ob die Ladung solcher Zeugen zulässig ist.

Mayers Urteil ist nach Ansicht der SP auch in der Frage wichtig, ob der Psychosoziale Dienst Wien (PSD), da landesrechtlich und nicht gemeinderechtlich verankert, überhaupt Gegenstand der U-Kommission sein darf. Die Arbeit des PSD steht etwa beim Thema der Nachbehandlung von Psychiatrie-Patienten zur Debatte. Für die Opposition ist klar, dass der PSD nicht auszuklammern sei._In entsprechenden Anträgen verlangten SP und Grüne daher umfassende Unterlagen vom PSD _– von E-mails bis zu Sitzungsprotokollen. Die Anfragen, auch bezüglich ähnlicher Informationen aus dem Otto-Wagner Spital, lehnte die SP ab.

Dass PSD-Chef Stephan Rudas dennoch von der SP zur U-Kommission geladen wird (als wissenschaftlicher Experte), interpretiert die grüne Gesundheitssprecherin Sigrid Pilz als "Spitzfindigkeit". "Wir müssen aufpassen, dass es nicht zu viele Sachverständige werden", resümierte VP-Gesundheitssprecherin Ingrid Korosec nach der Sitzung. Alleine die SP lädt drei Sachverständige, die über die Ist-Situation der Psychiatrie in anderen (Bundes-)Ländern berichten sollen. Zusätzlich lud auch die Opposition Experten. Zwei von ihnen sollen bereits zur nächsten Sitzung der Kommission, am 3. April, kommen. (Gudrun Springer, DER STANDARD - Printausgabe, 26. März 2008)