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"Brüskierend, überheblich". So stuft Charlotte Knobloch, Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, die "Papstmission" ein.

Foto: AP, EPA, Collage: Otto Beigelbeck
Es ist Hauptsaison für die katholische Kirche. Rund eine Milliarde Menschen aus 160 Ländern werden am Ostersonntag Papst Benedikt XVI. verfolgen, wenn er am Petersplatz den traditionellen Ostersegen „Urbi et Orbi“ erteilt. Doch über den österlichen Feierlichkeiten hängen Gewitterwolken. Und das nicht nur aus meteorologischer Sicht.

Denn vor dem so genannten „Päpstlichen Einheitsrat“, zuständig für Fragen der Ökumene, an der Via della Conciliazione (Straße der Versöhnung) geben sich derzeit vor allem jüdische Gruppen die Klinke in die Hand, um ihren Unmut kundzutun. Der Grund für die massiven Proteste ist eine Änderung in einer Karfreitagsfürbitte, die Papst Benedikt XVI. für lateinische Messen wieder erlaubt hatte, was für eine Abkühlung im ohnehin sensiblen Verhältnis zwischen Juden und katholischer Kirche sorgte.

Konkret heißt es in der Fürbitte, es solle gebetet werden für die Juden, „...damit sie Jesus Christus erkennen, den Heiland aller Menschen“. Dies fassen Rabbiner zwischen New York und Rom jetzt als Aufforderung zur längst überwunden geglaubten „Judenmission“ auf. Nicht der erste – gewollte oder ungewollte – Lapsus des Heiligen Vaters im Umgang mit anderen Religionen: Benedikts jüngster Auftritt erinnert an die heftig umstrittenen Zitate über den Propheten Mohammed in seiner Rede von Regensburg oder jenes päpstliche Schreiben, das der protestantischen Kirche den Rang „einer Kirche im eigentlichen Sinn“ abgesprochen hatte.

Für Religionsexperten ist in der katholischen Kirche das Zeitalter der „Grenzerfahrungen“ angebrochen. „Durch die starke Anwesenheit außereuropäischer Kulturen und Religionen in Europa ist natürlich auch das christliche Lager stärker bemüht, die eigene Identität in den Vordergrund zu setzen. Man versucht sich von anderen Religionen deutlicher abzugrenzen“, ist der Grazer Religionswissenschafter Karl Prenner im Gespräch mit dem Standard überzeugt.

Anerkennungsprobleme

Prinzipiell gehe es immer um eine gegenseitige Anerkennung. „Darin liegt der Schlüssel einer echten Ökumene. Nicht die Religion des anderen – etwa Muslime und Christen – nur zu dulden, sondern samt dem jeweiligen Gott anzuerkennen. Das Grundproblem ist aber, dass der Allmachtsanspruch und ein Absolutismus in den Religionen tief verankert ist. Und auch wenn durch das zweite Vatikanum vieles offiziell entschärft wurde, hat sich wenig daran geändert, dass sich die katholische Kirche als einzig wahre Kirche sieht“, ist der Theologe, Orientalist und Judaist der Universität Graz überzeugt. Als problematisch empfindet Prenner das strikte Nein zu Moscheebauten mit Minaretten von den beiden Bischöfen Klaus Küng (St. Pölten) und Elmar Fischer (Feldkirch).

„Man kann Muslime nicht einfach negieren. Es braucht Zeichen, auch bei uns“, glaubt Prenner. Man könne nicht generell Muslime in Österreich dafür verantwortlich machen, dass Christen in muslimischen Ländern ihren Glauben nicht ausüben dürfen. „So ein Denken verhindert einen europäischen Islam“, warnt Prenner.

Ein Standard-Rundruf bei den heimischen Bischöfen zeigt, dass die liberalen Stimmen überwiegen. Der Innsbrucker Bischof Manfred Scheuer bekennt sich „klar zur Religionsfreiheit“. Muslime in Tirol hätten das Recht, ihren Glauben „frei und öffentlich“ auszuüben. Salzburgs Erzbischof Alois Kothgasser: „In einem christlich geprägten Land wie Österreich haben die anerkannten Religionsgemeinschaften das Recht, gemeinsam zu beten und dafür geeignete Räume zur Verfügung zu haben. Dies muss aber auch in muslimisch dominierten Staaten gegenüber Anhängern anderer Religionen gelten.“

Auch der Linzer Bischof Ludwig Schwarz gibt sich liberal: „Die freie Ausübungen der Religion ist in der Verfassung geregelt. Alle anerkannten Religionsgemeinschaften sollen daher ihren entsprechenden Platz zugesprochen bekommen, um sich zum Gebet versammeln zu können“. Ähnlich offen der Klagenfurter Bischof Alois Schwarz: „Der Islam hat das Recht, im Sinne der Religionsfreiheit Moscheen zu errichten“. Das Prinzip der Religionsfreiheit dürfe aber keine Einbahnstraße sein. „Wenn man Religionsfreiheit wünscht und auch in islamisch dominierten Ländern einfordert, muss man diese auch bei uns leben“, so der Bischof von Eisenstadt, Paul Iby.

Auch der Grazer Diözesanbischof Egon Kapellari hat nichts gegen Moscheen in Österreich. „Hilfreich wäre aber ein verstärktes Engagement von Muslimen für die freie Religionsausübung in Staaten mit einer islamischen Leitkultur“, so Kapellari. (stein, neu, wei, ver/ DER STANDARD Printausgabe, 22./23./24.3.2008)