Seine Biografien Schopenhauers, Heideggers, Friedrich Nietzsches und Friedrich Schillers weisen weit über das Einzelwerk hinaus. Lustvoll lässt Safranski vielmehr in Zitaten und Anekdoten das geistige Umfeld aufblitzen, aus dem die Denker im Zentrum seiner Bücher Anregung erfahren. Für sein jüngstes Werk Romantik. Eine deutsche Affäre stülpt er diese Methodik gewissermaßen um: Die Stimmenvielfalt einer geistigen Strömung selbst rückt in den Mittelpunkt, gereiht und gerundet zu einem Rosenkranz von Kurzbiografien. Ein holpernder Reigen aus Perlen von höchst unregelmäßiger Größe und Glanz. Nicht alle Autoren erfreuen Rüdiger Safranski gleichermaßen. Nicht allen lässt er in seinen Kurzbiografien Gerechtigkeit zuteilwerden. Heinrich von Kleist etwa kennt Safranski einzig als rasenden Nationalisten, der die Zähne ins Fleisch des Gegners gräbt wie seine Penthesilea in jenes des begehrten Achill. Der Kleist des Käthchen von Heilbronn , jenes "Minus" zum "Plus" der Amazone, die zarte Zurückhaltung, fehlt. So reihen sich kluge, erzählerisch reiche Stellen in den fünf Stunden von Safranskis Romantik-Überblick an ärgerliche. Kühn etwa der Aufbruch, den er mit 1769 setzt, als Johann Gottfried Herder in See sticht, "aufzubrechen ins real existierende Ungeheuere". Berlin, Jena, Dresden, die Gebrüder Schlegel, Fichte, Novalis, Tieck und Wackenroder, Eichendorff und E.T.A. Hoffmann, sie alle ziehen am Hörer vorbei, sympathisch langsam gelesen vom Autor selbst. Leider auch, verkürzt auf wenige Sätze, das Zwanzigste Jahrhundert: NS-Ideologie und 1968. Warum? (Cornelia Niedermeier, DER STANDARD/Printausgabe, 21./22./23.03.2008)