Als Hutmacher fing Halston an - später kleidete er den Jetset ein. Hier eine seiner Hutkreationenin einem Fotoshooting aus dem Jahr 1964.

Foto: Condé Nast Archives

Liza Minelli war in den 70ern die Muse von Halston. Bei der ersten Modenschau der reanimierten Marke war sie Gast von Harvey Weinstein.

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"Ich bin ein Kerl aus Queens, dessen Socken nie zusammenpassten und dessen Schuhe nie geputzt waren." Mit Mode würde man Harvey Weinstein - einen der wichtigsten Filmproduzenten Hollywoods - nicht in Verbindung bringen. Auf Weinsteins breiten Schultern liegen trotzdem die Hoffnungen des derzeit wichtigsten Reanimationsversuchs der amerikanischen Mode.

Das Filmschwergewicht hat die 70er-Jahre-Glamourmarke Halston gekauft und will sie wieder zum Leben erwecken - obwohl ihre Auferstehung von den Toten schon zweimal misslang. Die Neubelebung von Modelabels, deren Gründer verstorben sind, ist ein hartes Geschäft. Gelingen sie, dann winken große Gewinne, läuft es aber nicht so wie geplant - und das passiert häufig -, dann wird eine Menge Geld in den Sand gesetzt. Jüngstes Beispiel: Vionnet, das von Madeleine Vionnet zu Anfang des vergangenen Jahrhunderts gegründete französische Modehaus. In ihrer Zeit genauso berühmt wie Coco Chanel, wurde das Haus nach dem Zweiten Weltkrieg nicht wiedereröffnet.

Den Namen kaufte vor rund 20 Jahren ein französischer Geschäftsmann, der ihn zum Vertrieb süßlicher Parfüms verwendete. Dessen Sohn leitete in Kooperation mit dem amerikanischen Luxuskaufhaus Barneys vor rund einem Jahr die Renaissance des Labels ein.

Seitdem hat man zwei Designer verschlissen: zuerst die Griechin Sophia Kokosalaki, eine der aufstrebendsten Kräfte der Mode, die von sich aus den Hut nahm, und im Jänner Marc Audibet, ehemaliger Prada- und Hermès-Designer, den man wegen "Unvermögens" in Management-Belangen auf die Straße setzte. Geglückte Neugründungen schauen anders aus - ob so wie jenes Event im Februar in New York, als die neue Halston-Mode vorgeführt wurde, ist die Frage.

Als Liza Minelli an jenem Tag am Arm von Harvey Weinstein zur Modeschau erschien, trug sie ein wenig vorteilhaftes Halston-Ensemble in Rot-Schwarz. Sicher, die Diva war eine von Halstons Musen gewesen, zusammen tanzten sie bis früh am Morgen im Studio 54. Doch der Glamour von damals ist schon lange verblichen. Wirklich frisch war an diesem Februartag weder die erste Reihe noch das, was man auf dem Laufsteg zu sehen bekam. Die langen, fließenden Abendkleider, die Zeltkleider aus Kaschmir, Seide oder Jersey oder die Catsuit-Varianten erinnerten zwar stark an den Minimalisten Halston, doch dieser war ein Kind der 70er. Der von Weinstein verpflichtete Designer Marco Zanini (er war lange Donatella Versaces erster Designer) hatte etwas zu intensiv in die Vergangenheit geschaut. Welche Rolle Halston in der Zukunft spielen könnte, das blieb unbeantwortet.

Hat Mode einmal Patina angesetzt, will sie keiner haben

Dem Alter haftet auf dem Laufsteg ein Makel an - solange es nicht modern interpretiert wird. Häuser wie Chanel oder Dior haben genau das geschafft. Hat Mode einmal Patina angesetzt, will sie keiner haben. Vielleicht ist genau das der Grund, warum Diego Della Valle, der Herr über die italienische Schuhmanufaktur Tod's, schon seit eineinhalb Jahren die Wiederbelebung des Labels Elsa Schiaparelli hinausschiebt. Untergegangene Labels müssen ganz neu mit Begehren aufgeladen werden. Dafür braucht man Geld und den richtigen Riecher.

Das weiß natürlich auch Harvey Weinstein, dessen eigener Stil zwar von der New York Times öffentlich angeprangert wurde, der mit seiner Freundin Georgina Chapman, Designerin bei Marchesa, aber eine enge Beraterin hat. Die Zweite im Bunde ist Rachel Zoe, die bekannteste Stylistin Hollywoods. Sie hat wie niemand vor ihr das Potenzial von Celebritys für die Mode erkannt. Das scheint auch Weinsteins Weg für Halston zu sein. Während andere Millionen für Product-Placement ausgeben müssen, kann er die Produkte des eigenen Modelabels in den eigenen Filmen unterbringen. Selbst ein Streifen über das wilde Leben von Roy Halston Frowick ist geplant - so umfassend sehen Synergien in Hollywood aus.

In der Londoner Modeszene kann man davon nur träumen. Hier wird derzeit ein eigenes Kapitel im großen Erweckungsreigen untergegangener Labels geschrieben. Vorbild dabei ist die Erfolgsstory von Burberry. Während Biba, der Shop, der mit seinen Blümchen- und Satinkleidern, den Schlaghosen und Samtjacken den Stil der Swinging Sixties in London mitbestimmte, bereits seit einigen Saisonen eine Neuauflage erlebt (anfangs unter der Designerin Bella Freud), ist jetzt ein weiteres Kultlabel der Zeit wieder da. Ein Designteam von Absolventen der Londoner Modeinstitution Central Saint Martin's haucht Ossie Clark wieder Leben ein.

Oder etwas bodenständiger gesagt: Sie entwarfen 16 Looks, die während der Londoner Fashion Week unter dem Label Ossie Clark ausgestellt wurden. Ein englischer Geschäftsmann hatte die Rechte gekauft und knappe fünf Millionen Euro in das Projekt gesteckt. Die knalligen Designs, die psychedelischen Muster, die Schlitze und Ausschnitte in den Kleidern: Alles, womit Clark seinerseits Aufsehen erregt hatte, war da. Nur das London rund um die Kollektion ist nicht mehr dasselbe.

Das ist das Problem aller Neuauflagen. Wirklich erfolgreich waren die Labels seinerzeit, weil sie mit ihrer Ästhetik einen Nerv trafen. Ihn wird man heute anderswo suchen müssen. (Der Standard/rondo/21/03/2008)