Düster-depressive Stimmung wie in einem Gemälde von Edvard Munch: "Chain of Courtship" (2008) von Ryan Mosley.

Foto: Engholm Engelhorn
Es sind mehrere Tricks, die Ryan Mosley anwendet, um dem Betrachter seine Bildwelten zu entrücken, um sie zeitlich fern und inhaltlich an die Orte alles Surrealen, Traumhaften anzusiedeln: Neben den Masken aus Formen oder nur aus Farbwirbeln, die er seinen Figuren aufsetzt, oder den karnevalesken Szenerien sind es allein schon die ovalen Bildformate seiner in Arcimboldo-Manier gemalten - nein, geradezu collagierten - Ahnentafeln.

Malerisch scheint Ryan Mosley ganz dem niederländischen Stillleben, den Genrebildern des 17. Jahrhunderts verpflichtet, auch Brueghel und die Flamen blitzen bei ihm durch. Der Wunsch, Künstler zu werden, entwicklelte sich allerdings nicht beim Betrachten der alten Meister in den ehrwürdigen Hallen der Museen. Nein: Beim Beobachten seines Vaters, eines Ingenieurs, der am Wochenende Schallplatten-Cover abzeichnete, fasste er den Beschluss, Künstler zu werden.

Census heißt das visuelle Ensemble in der Galerie Engholm Engelhorn, das vierzehn zum Teil recht großformatige Leinwände des jungen Briten verkettet. Gerade hat der 27-Jährige sein Postgraduate am Londoner Royal College of Art abgeschlossen und zählt bereits zu den gefragten Newcomern: Niemand anderes als die Londoner Saatchi Gallery präsentiert Mosley im Frühling in der Schau Unreal - Altered Perspectives in Painting.

Census bezieht sich auf die von Regierungen periodisch vorgenommenen Volkszählungen und legt damit auch eine bestimmte Lesart der Werke nahe: Der Betrachter nimmt eine eher autoritäre Perspektive ein, der über die seltsamen, märchenhaften, also geradezu lächerlichen, oft bemitleidenswerten Gestalten zu urteilen vermag.

Aber so einfach darf man es sich dabei nicht machen: Das Entschlüsseln der Geschichten hinter den surrealen, aus Totenköpfen und Gesichtern zusammengesetzten Figuren, das Abkratzen der dicken Schminke, das Lüften ihrer Masken und Lüpfen ihre Kostüme benötigt Zeit. (kafe / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20.3.2008)