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Immer wieder werden im Irak auch Begräbnisse Ziel von Anschlägen. Darum prüft die Polizei in Najaf, ob im Sarg eines am Montag bei einem Anschlag getöteten Irakers nicht ein Sprengsatz platziert wurde.

Foto: Reuters/Ali Abu Shish
Eine Versöhnungskonferenz, zu der nur die Hälfte der Eingeladenen kommt, ein Krankenhaus, in dem nur mehr Notbehandlungen durchgeführt werden: Krieg und Terror prägen nach wie vor das Leben der Menschen in Bagdad. Ein Lokalaugenschein.

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Asad ist noch immer gezeichnet von der Bombe, die letzten Sommer in der Lobby des Hotels explodierte, in dem er arbeitet. "Ich stand an der Rezeption, telefonierte gerade mit meiner Frau, als es einen heftigen Knall gab, Splitter und Scherben durch die Luft flogen." Einer erwischte ihn am Hals, durchbohrte seinen Kehlkopf und trat auf der anderen Seite wieder aus. In einer Plastiktüte hätte der Attentäter den Sprengsatz versteckt gehabt. Asad hat alles auf seinem Handy festgehalten, wie er ins Krankenhaus eingeliefert wurde und er verbunden und verpflastert im Bett lag.

Danach war die linke Seite seines Gesichts gelähmt. Er brauchte eine Sonderbehandlung. Doch der Terror hat die medizinische Behandlung in Bagdads Krankenhäusern fast völlig zusammenbrechen lassen. Nur noch Notbehandlungen können durchgeführt werden. Für Extras müssen die Patienten außer Landes oder in den kurdischen Norden reisen.

"Aber uns nimmt derzeit niemand mehr auf", klagt Asad bitter. Jordanien und Syrien haben die Grenzen für Iraker dichtgemacht, und auch die autonomen Kurdengebiete lassen keine Araber ohne Sponsor mehr einreisen. "Mir blieb nur noch der Iran." Die iranische Botschaft habe unverzüglich ein Visum für ihn ausgestellt. Doch in Teheran hätten sie ihn nicht gut zusammengeflickt. Trotzdem steht er wieder an der Rezeption: "Es gibt doch sonst keine Arbeit."

Viele verlassen das Land

Trotz punktuell verbesserter Sicherheitslage wollen deshalb noch immer viele Iraker das Land verlassen, und nur wenige kommen zurück. Die kostenlos eingesetzten Busse von der syrischen Hauptstadt Damaskus zum Rücktransport nach Bagdad sind mangels Nachfrage wieder eingestellt worden.

Versöhnung sei ein großes Wort, nach alldem, was passiert ist, meint Asad auf die Frage nach dem Erfolg der Konferenz, die Premierminister Nuri al-Maliki zum fünften Jahrestag in Bagdad einberufen hat. Abgesehen davon, dass dies nun schon der dritte Versuch ist, alle politischen Gruppierungen an einen Tisch zu bekommen, ist die Teilnahme an dem Ereignis eher mäßig. Tahseen Al-Shaikhlee hat 700 Einladungen verschickt. Nur knapp die Hälfte der Eingeladenen ist gekommen. Die Sunnitische Einheitsfront, die über 44 Sitze im Parlament verfügt, hat ihre Zusammenarbeit verweigert. Ebenso die Anhänger des Schiitenführers Muktada al-Sadr, die 30 Sitze innehaben.

"Versöhnung mit wem?", fragte deren Sprecher Falah Hassan Shneshil gestern beim Verlassen des Konferenzraumes. "Innerhalb oder außerhalb des politischen Prozesses?" Die Fronten sind festgefahren. Jeder wolle alles oder nichts, schreibt die unabhängige Tageszeitung Al-Mada in einem Kommentar. "Das bringt keine Lösung."

"Wir wollen wieder in Ruhe miteinander leben", sagt Asad. In seiner Familie gäbe es Araber, Kurden, Turkmenen, "den ganzen Irak". Er verachtet die Politiker in der Grünen Zone, nur 500 Meter von dem Hotel entfernt. "Die haben so viel Leid über uns gebracht, nur weil jeder das größte Stück vom Kuchen abhaben möchte."

Die USA müssten mehr Druck ausüben, damit die sich dort endlich einigen, meint Khalil Ibrahim. In seinem Taxi hängt ein hölzernes Kreuzchen. Er ist Christ. Früher war er Soldat der irakischen Armee. Als US-Administrator Paul Bremer die Sicherheitskräfte nach dem Sturz Saddam Husseins auflöste, stand er auf der Straße.

"Es ist ja nicht so, dass die gesamten Streitkräfte aus Sunniten bestanden, und auch nicht, dass jedes Mitglied der Baath-Partei andere verraten hat." Die meisten seien einfach nur Mitläufer gewesen, die sich ein besseres Leben durch ihre Mitgliedschaft erwarteten. Maliki wolle bei dieser Versöhnungskonferenz aber nicht mit Baathisten, Saddamisten und Aufständischen reden. Dann sei doch die Mehrheit der Iraker gar nicht mit eingeschlossen. Ist denn nach all dem Blutvergießen eine Versöhnung überhaupt möglich? "Ja", sagt Ibrahim, "wir kleinen Leute sind an Verluste gewöhnt. Das hat Saddam uns beigebracht." (Birgit Svensson aus Bagdad/DER STANDARD, Printausgabe, 20.3.2008)