Erich Hohenberger (SP) ist seit 19 Jahren Bezirksvorsteher im dritten Bezirk. Sein Wunsch ist, dass mehr Menschen im Dritten wohnen

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Wien – Wien Mitte steht nichts mehr im Wege: "Endlich", entfährt es nicht nur Erich Hohenberger (SP), Bezirksvorsteher im dritten Wiener Gemeindebezirk. Auch Georg Schüller, schwarzer Bezirksvorsteher-Stellvertreter, und Eva Lachkovics, Klubobfrau der Grünen Landstraße, sind froh, dass das Projekt "auf Schiene ist". Doch keiner kennt das Projekt – der Überbau zum neuen Bahnhof, der auf 127.000 Quadratmetern Bruttogeschoßfläche Raum für Geschäfte und Büroräume bieten soll – so gut wie Hohenberger. Der Bezirkschef ist immerhin schon seit 19 Jahren im Amt. "In diesen Jahren habe ich beobachtet, wie der Bahnhof verfällt."

In Sachen Wien Mitte rumort es trotzdem noch. Denn bei der Landstraßer Markthalle, wo noch vier Standler die Stellung in der heruntergekommen Halle halten, sind Schüller und Lachkovics nicht einer Meinung mit Hohenberger. Dieser sagt: "Es hat keinen Sinn, dass die öffentliche Hand jährlich 1,4 Millionen Euro in die Sanierung investiert, damit die Halle bestehen bleibt. Da würden alle Händler in Wien aufspringen und ‚Wahnsinn‘ schreien". Lachkovics hofft, dass zumindest in der neuen Markthalle, die entstehen soll, alte Verhältnisse hergestellt werden. Schüller sorgt sich um den Baustellenverkehr während des Umbaus und die Koordination der Reisenden. "Da ist der Bezirk gefordert, ein Konzept für die Öffi-Benützer zu erstellen", sagte er.

"Sargnagel" Sofiensäle "Es gibt noch einen Sargnagel, den wir hoffentlich bald begraben", sagt Bezirksvorsteher Hohenberger selbstkritisch. Mit "Sargnagel" meint er die Sofiensäle. Der denkmalgeschützte Teil der Veranstaltungsräume, die 2001 abbrannten, wird wiederhergestellt. Ob nun ein Hotel oder Wohnungen integriert werden, ist noch die Frage. "Der Bauträger Arwag ist für ein Hotel, ich bin für Wohnungen. In der Mitte werden wir uns hoffentlich treffen", sagt Hohenberger. Wo Wohnraum geschaffen werden kann, haben es dem Bezirksvorsteher die Hotels offenbar nicht angetan. Denn auch der ehemalige Jugendgerichtshof in der Rüdengasse soll zu einem werden. "Ich werde alles tun, um das zu verhindern", kündigte er an. Das Wohngebiet sei verkehrsbedingt nicht dafür geeignet, dass große Reisebusse Touristen ankarren, findet er. Mit dem Schaffen von Wohnraum verfolgt Hohenberger ein Ziel: Er will den Bevölkerungsschwund im dritten Bezirk, den er seit dem Amtsantritt beobachtet hat und der erst in den vergangenen Jahren gestoppt wurde, endgültig in einen Zuwachs verkehren und noch mehr Menschen in den dritten Bezirk holen. Laut Statistik wohnten vor sieben Jahren 81.281 Menschen im dritten Bezirk, 2006 waren es 84.360. Mit den Wohnprojekten in St. Marx (1000 Wohnungen) und dem Eurogate auf den Aspang-Gründen, wo 400 Wohnungen in Passivbauweise in der ersten Bauphase entstehen sollen, sollen die Menschen nach Landstraße strömen. Die Grünen und die ÖVP ziehen mit Hohenberger an einem Strang. "Nur bei der Business-Stadt TownTown sind wir skeptisch, ob sie in der Nacht nicht zu einer toten Stadt wird", sagt Eva Lachkovics. "Es fehlen noch Lokale."

Wenige Skandale

Wer in Landstraße Skandale und Streitereien erwartet, wird selten bedient. Denn im größten Stadtentwicklungsgebiet innerhalb des Gürtels arbeiten die Bezirksfraktionen nach eigenen Angaben gut zusammen – abgesehen von den Unstimmigkeiten zur Markthalle. Wo in anderen Bezirken vor allem interkulturelle Konflikte für Aufregung sorgen, herrscht im Dritten Friede, Freude, Eierkuchen. Das führt Hohenberger auch auf die Wohnpolitik zurück. "Die Migranten wohnen verteilt im ganzen Bezirk, und wir haben auch wenige Substandardwohnungen", sagt er. "In der Keinergasse gibt es schon seit 20 Jahren eine Moschee. Das regt keinen Menschen auf", ergänzt er zufrieden. Der Ausländeranteil in Wien-Landstraße beträgt 21 Prozent.

Im Fasanviertel gebe es aber noch einiges zu tun, vor allem was Schulsanierungen betreffe, findet Georg Schüller. Die Pflichtschule in der Kölblgasse beispielsweise sei "schwer angeschlagen", sagt der schwarze Bezirksvorsteher-Vize. Im Stadtentwicklungsgebiet Eurogate sei eine Schule geplant. Dorthin könnte die Kölblgasse übersiedeln. Doch bis die fertig werde, vergingen noch Jahre, sagt Schüller. (Marijana Miljkovic, DER STANDARD Printausgabe, 19.3.2008)