Washington - Zum ersten Mal seit fast 70 Jahren hat sich das Oberste Gericht der USA am Dienstag wieder mit der Frage befasst, ob Amerikaner das Recht auf Waffenbesitz haben. In dem Verfahren geht es um eine Klage gegen das besonders rigide Waffenrecht in der Bundeshauptstadt Washington, das den privaten Besitz von Schusswaffen verbietet und das bestimmt, dass Waffen in Wohnungen entladen und auseinandergenommen werden müssen. Die in einigen Monaten erwartete Entscheidung könnte weitreichende Folgen für das Waffenrecht der 50 Bundesstaaten haben und dürfte Wahlkampfthema werden.

Zwei konservative Richter äußerten zum Auftakt der Verhandlung Zweifel an der Zweckmäßigkeit des Gesetzes. Dagegen äußerte einer der liberalen Richter Zustimmung zu den strengen Bestimmungen, da die Bundeshauptstadt eine hohe Kriminalitätsrate habe.

Uneins

Im Mittelpunkt der juristischen Beratungen steht der zweite Zusatz zur Verfassung. Strittig ist, ob diese Bestimmung das Recht des Einzelnen auf Waffenbesitz regelt oder ob es um das allgemeine Recht zum Dienst in der Nationalgarde geht. In ihrer bisher letzten Befassung mit dem Thema konnten sich die Obersten Richter 1939 nicht zu einer Einigung durchringen.

Der Streit über das Waffenrecht hat auch die Regierung von Präsident George W. Bush entzweit. Generalanwalt Paul Clement, der die Regierung beim Supreme Court vertritt, befürwortet zwar das Recht auf Waffenbesitz, will es aber an Gesetze binden. Clement geht es vor allem um das Beibehalten bundesrechtlicher Beschränkungen wie das Verkaufsverbot für Maschinenwaffen und die Kontrollen der Käufer von Handfeuerwaffen. Dagegen dringen Vizepräsident Dick Cheney und eine Reihe von Kongressmitglieder auf eine Liberalisierung des Rechts.

Für Walter Dellinger, der das strenge Washingtoner Recht verteidigt, betrifft der zweite Verfassungszusatz nur den Waffenbesitz für Mitglieder der Nationalgarde. Wenn Einzelpersonen aber das Recht auf Waffenbesitz hätten, sollte das Gesetz als Korrektiv beibehalten werden. Klägeranwalt Alan Gura fordert die Aufhebung des Gesetzes. Sein Mandat Dick Anthony Heller will zur Selbstverteidigung eine Waffe, weil er in einer Gegend mit hoher Kriminalität lebt.

Im vergangenen Jahr gab es in den USA eine ganze Reihe von Massenschießereien, einschließlich dreier Hochschulmassaker. Amtlichen Angaben zufolge kommen jeden Tag etwa 80 Menschen in den USA durch Schusswaffen zu Tode, 34 davon durch ein Verbrechen. (APAS/Reuters)