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So präzise wie die astronomische Uhr in Prag sollten die Aufzeichnungen der Arbeitgeber sein.

Foto: AP/Rene Fluger
Die mit 1. Jänner 2008 in Kraft getretene 22. Novelle zum Arbeitszeitgesetz brachte eine Verschärfung der Aufzeichnungs- und Auskunftspflicht des Arbeitgebers über geleistete Arbeitszeiten mit sich: Verstöße gegen die Bestimmungen werden nun viel schärfer bestraft. Das bringt vor allem Branchen mit unregelmäßigen Arbeitszeiten einen größeren Verwaltungsaufwand.

Generell war ein Arbeitgeber auch bisher verpflichtet, in seinen Betriebsstätten Aufzeichnungen über geleistete Arbeitsstunden zu führen. Diese Pflicht gilt seit Jahresanfang auch für Kleinstbetriebe mit nur wenigen Mitarbeitern oder auch nur einem einzigen.

Der Arbeitgeber muss Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden führen, über Ort, Dauer und Art der Beschäftigung aller während der Wochenend-, Wochen-, Ersatz- oder Feiertagsruhe beschäftigten Arbeitnehmer und deren Entlohnung sowie über die gewährte Ersatzruhe. Dem Arbeitsinspektorat müssen die erforderlichen Auskünfte jederzeit erteilt und muss auf Verlangen Einsicht in die detaillierten Aufzeichnungen gewährt werden. Der Arbeitgeber muss insbesondere darauf achten, dass die gesetzlichen Arbeitszeitgrenzen – im Regelfall zehn Stunden am Tag – eingehalten werden.

Jederzeit einsichtig

Laut einem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes müssen die Aufzeichnungen in der Betriebsstätte, in der die jeweiligen Arbeitnehmer beschäftigt werden, jederzeit einsichtig sein. Arbeitsaufzeichnungen, die beispielsweise nur in der Zentrale eines Unternehmens mit mehreren Betrieben eingesehen werden können, entsprechen nicht den gesetzlichen Erfordernissen. Werden die Aufzeichnungen durch ein Zeiterfassungssystem geführt, ist dem Arbeitnehmer auf Verlangen eine Abschrift zu übermitteln.

Auch trotz einer generellen Festlegung der Tagesarbeitszeiten müssen Beginn und Ende der Arbeitszeit aufgezeichnet werden. Die Verpflichtung des Arbeitgebers, Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden zu führen, beinhaltet gleichzeitig auch eine Verpflichtung zur Führung von Aufzeichnungen über die Ruhepausen, außer diese sind durch Betriebsvereinbarung festgelegt und gehen nicht über das gesetzliche Mindestmaß hinaus.

Gleitzeitregelung

In bestimmten Fällen, etwa bei Gleitzeit, kann der Arbeitnehmer die Arbeitszeit selbst aufzeichnen. Er muss dann die Aufzeichnungen nach Ende der Gleitzeitperiode dem Arbeitgeber aushändigen. Dieser wird dadurch allerdings nicht von der Kontrolle der Arbeitszeit entbunden; er muss die Aufzeichnungen regelmäßig kontrollieren.

Die entscheidende Neuerung durch die Novelle ist die Strafverschärfung bei schweren und wiederholten Verstößen gegen die gesetzlichen Aufzeichnungspflichten. Bisher wurden Arbeitgeber bei Verstößen von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafen zwischen 20 und 436 Euro belegt. Nun können die Strafen auf 72 bis 1815 Euro steigen. Hinzugekommen ist außerdem, dass Verstöße nun hinsichtlich jedes einzelnen Arbeitnehmers gesondert zu bestrafen sind, wenn die Feststellung der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit wegen fehlender Aufzeichnungen unmöglich oder unzumutbar ist.

Konnte es in der Vergangenheit aufgrund der geringen Strafsätze für einen Arbeitgeber mitunter billiger sein, keine Arbeitszeitaufzeichnungen zu führen, kann künftig ein Unterlassen dieser Verpflichtung – insbesondere in Betrieben mit vielen Mitarbeitern – erhebliche Kosten mit sich bringen.

Klagen erleichtert

Verstöße gegen die Verpflichtung zu korrekten Arbeitszeitaufzeichnung haben neben den verwaltungsstrafrechtlichen Sanktionen jetzt aber auch zivilrechtliche Folgen. Zusätzlich brachte die Novelle nämlich eine Erleichterung für Arbeitnehmer bei der zivilrechtlichen Geltendmachung nicht bezahlter Mehr- bzw. Überstunden.

Ist eine Feststellung der tat-sächlich geleisteten Arbeitszeit aufgrund des Fehlens von Aufzeichnungen unmöglich oder unzumutbar, sind Arbeitnehmer, die auf dem Gerichtsweg ausstehendes Entgelt für geleistete Mehrarbeit bzw. Überstunden einklagen, nicht mehr an die – oft sehr kurzen – (kollektiv)vertraglichen Verfallsfristen gebunden, sondern es gilt die allgemeine dreijährige Verjährungsfrist. Der Arbeitgeber setzt sich damit der Gefahr aus, dass auch bis zu drei Jahre zurückliegende Mehr- oder Überstundenforderungen vom betroffenen Arbeitnehmer erhoben werden können.

Beim Fehlen von Arbeitszeitaufzeichnungen können sich für den Arbeitgeber auch aus dem Sozialversicherungsrecht weitere negative Folgen ergeben. Hier kann es nämlich zu einer Schätzungsberechtigung der Gebietskrankenkasse und Vorschreibung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe des nach der geschätzten Arbeitszeit zustehenden Bezuges kommen.

Nicht zuletzt aus Gründen des Arbeitsvertragsrechts sollte der Arbeitgeber daher trotz aller Schwierigkeiten darauf achten, präzise Arbeitszeitaufzeichnungen zu führen. Zusätzlich wäre es ratsam, die Arbeitszeitaufzeichnungen vom Arbeitnehmer bestätigen zu lassen. Auf diese Weise können vom Arbeitnehmer später erhobene Forderungen auf Abgeltung möglicherweise nicht bezahlter Mehr- oder Überstunden besser überprüft bzw. kann diesen entgegnet werden. (Barbara Klinger, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19.03.2008)